Großbritannien Unterhaus gibt grünes Licht für Brexit-Gesetzentwurf

London · Das britische Unterhaus hat einen wichtigen Schritt zur Verwirklichung des Brexit gestellt. Nach mehr als 13-stündiger Debatte stimmten die Abgeordneten mit deutlicher Mehrheit für einen Gesetzentwurf der Regierung.

Großbritannien: Unterhaus gibt grünes Licht für Brexit-Gesetzentwurf
Foto: dpa, jai axs

Dieser sieht vor, die Geltung von EU-Recht in Großbritannien aufzuheben und zugleich tausende bereits geltende EU-Regeln in britisches Recht umzuwandeln. Die nächste Runde der Austrittsverhandlungen mit der EU wurde derweil verschoben.

In der ersten Lesung votierten 326 Abgeordnete in London für den Entwurf zur Aufhebung des EU-Gemeinschaftsrechts, 290 dagegen. Das Gesetz regelt, dass am Tag von Großbritanniens Austritt aus der EU ein Gesetz aus dem Jahr 1972 aufgehoben wird, welches das EU-Gemeinschaftsrecht über britisches Recht gestellt hatte.

Auf dieser Grundlage gelten in Großbritannien mittlerweile rund 12.000 EU-Regelungen. Der nun im Grundsatz beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, diese Regelungen zu einem großen Teil eins zu eins oder abgeändert in britisches Recht zu übernehmen.

May zufrieden

May lobte das Votum, das "Sicherheit und Klarheit vor unserem Rückzug aus der Europäischen Union" gebe. Zwar gebe es noch viel zu tun, die Entscheidung bedeute aber, dass die Austrittsverhandlungen nun "mit solidem Fundament" weitergeführt werden könnten. Das Unterhaus wird allerdings weiter über den Entwurf für das Brexit-Gesetz beraten und um Änderungen an dem Text ringen.

Die Mehrheit im Unterhaus für die konservative Minderheitsregierung kam durch die Unterstützung der erzkonservativen nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) zustande. Aber auch sieben Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei stimmten entgegen der Parteilinie dafür.

Labour hatte kritisiert, mit dem Gesetzentwurf wolle die Regierung bestimmte Regelungen ohne vollständige Beteiligung des Parlaments durchbringen. Die Oppositionspartei sowie Gewerkschaften fürchten überdies, dass die Minister auch EU-Regeln zur Umwelt und zum Arbeitnehmerschutz bei der Umwandlung in britisches Recht ändern könnten.

Brexit-Minister David Davis wies dies zurück. Der Gesetzentwurf sei ein "pragmatischer und vernünftiger" Weg, um die große Menge an EU-Gesetzen in britisches Recht umzuwandeln.

Eine knappe Mehrheit der Briten hatte im Referendum vom 23. Juni 2016 für den Austritt aus der EU votiert. Die Entscheidung ist weiterhin hoch umstritten. Am Samstag hatten in London erneut tausende Menschen gegen den Brexit demonstriert. Dass Großbritannien die EU verlässt, gilt allerdings als sicher - der Weg dorthin ist hingegen ungewiss.

Die konservative Regierung plant ein Verlassen des europäischen Binnenmarkts. Die Führung der Labour-Partei spricht sich hingegen für einen Verbleib im Binnenmarkt während einer Übergangsphase nach dem Brexit im März 2019 aus.

Die seit Juni laufenden Brexit-Verhandlungen hatten in ihrer dritten Runde keine Fortschritte gebracht. Während Großbritannien möglichst bald über ein künftiges Handelsabkommen verhandeln will, müssen für die EU zunächst zentrale Trennungsfragen weitgehend geklärt werden. Dazu gehören die Rechte der 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien, die finanziellen Forderungen an London und der Status der britischen Provinz Nordirland.

Die vierte Verhandlungsrunde wurde am Dienstag um eine Woche auf den 25. September verschoben. Vertreter beider Seiten seien zu dem Schluss gekommen, "dass mehr Zeit für Konsultationen den Verhandlern Flexibilität für Fortschritte" gebe, hieß es aus dem Brexit-Ministerium in London. Aus EU-Kreisen verlautete hingegen, die Gründe für die Verschiebung lägen im "politischen Zeitplan der Briten".

Der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, warnte in Straßburg: "Im Moment sehen wir eindeutig keinen ausreichenden Fortschritt." Der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (CSU) kritisierte, Londons setze offenbar weiter auf die Strategie des "Rosinenpickens".

(felt)
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