Afghanistan-Konferenz Guttenberg weiter gegen Abzugsdatum

Berlin (RPO). Kurz vor Beginn der internationalen Afghanistan-Konferenz in London hat sich Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CDU) erneut gegen ein konkretes Abzugsdatum ausgesprochen. Dies würde die Gefährdung der Afghanen und der Soldaten erhöhen, sagte Guttenberg.

 Minister Guttenberg: Berechenbar und leicht angreifbar.

Minister Guttenberg: Berechenbar und leicht angreifbar.

Foto: ddp, ddp

"Darauf müssen nur diejenigen warten, die die Uhren wieder zurückdrehen wollen." Zugleich verteidigte er den Ansatz des "Partnerings", wonach sich deutsche Ausbilder gemeinsam mit afghanischen Sicherheitskräften mehr in der Fläche bewegen sollen. Der Bundeswehrverband kritisierte dies als riskant.

Acht Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes wollten am Donnerstag in London Vertreter von 70 Staaten und internationalen Organisationen zusammenkommen, um einen Strategiewechsel für Afghanistan hin zu mehr zivilen Anstrengungen zu beschließen. Ab 2011 soll es eine Möglichkeit zum schrittweisen Rückzug der ausländischen Truppen geben. Deutschland hat eine Verdoppelung seiner zivilen Hilfen und eine zeitweise Aufstockung seiner Truppen von derzeit 4500 Mann um weitere 500 Soldaten in Aussicht gestellt.

"Nicht um den heißen Brei herumreden"

Guttenberg sagte mit Blick auf die Pläne, die Soldaten mehr in die Fläche zu schicken, momentan seien die Truppen im Lager und führten Patrouillen aus dem Lager heraus. Damit seien sie "berechenbar" und ebenfalls leicht angreifbar, was in der Vergangenheit bereits der Fall gewesen sei. Der Afghanistan-Einsatz sei gefährlich, räumte Guttenberg ein. "Da gilt es auch gar nicht, um den heißen Brei herumzureden." Es müsse damit gerechnet werden, dass weiter Soldaten fielen und verwundet würden.

Bundeswehrverbandssprecher Wilfried Stolze sagte, zwar sei die geplante stärkere Hinwendung zum zivilen Wiederaufbau sehr wichtig. Allein mehr Soldaten zu schicken, bringe aber nichts. Wenn man deutsche Soldaten stärker außerhalb ihrer Lager einsetze, steige zudem das Risiko für sie.

Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, kritisierte, die Bundesregierung setze die Soldaten aus innenpolitischen Gründen für mehrere Jahre einem erhöhten Risiko aus. Mit Blick auf einen möglichen Abzug sagte er: "Wenn wir 2014 rausgehen wollen, müssen wir zuvor wie die Amerikaner eine große zusätzliche Anstrengung unternehmen."

Stärkere Beteiligung an der Polizeiausbildung

Niedersachsen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderte vom Bund eine stärkere Beteiligung an der Polizeiausbildung in Afghanistan als bisher. "Der Bund müsste mehr Verantwortung übernehmen und künftig zwei Drittel der Polizeibeamten in Afghanistan stellen", sagte Schünemann.

Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) verteidigte die Verknüpfung finanzieller Zusagen für Hilfsorganisationen in Afghanistan an ihre Bereitschaft zur Kooperation mit der Bundeswehr. Wo deutsche Steuermittel für den Wiederaufbau eingesetzt würden, müsse die Zusammenarbeit auch koordiniert werden, sagte er.

Westerwelle hofft auf Wende

Ein neues Kapitel in der Afghanistan-Politik erhofft sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle von der (heutigen) Konferenz in London. "Wir wollen einen Wendepunkt schaffen," sagte Westerwelle vor Beginn der Verhandlungen am Donnerstag in London. Man wolle den Akzent stärker auf den politisch-zivilen Wiederaufbau setzen und damit eine Abzugsperspektive für die internationalen Truppen schaffen.

Westerwelle sagte nach einer Unterredung mit anderen Außenministern, er habe für die Kernpunkte des deutschen Konzepts sehr viel Zustimmung erhalten. "Wir liegen richtig, wenn wir eine Abzugsperspektive erarbeiten." 2011 soll mit der Verringerung der Truppenstärke begonnen werden und 2014 die Verantwortung für die Sicherheit vollständig an die afghanische Führung zurückgegeben werden. "Wir wollen nicht ewig und drei Tage in Afghanistan bleiben".

Unter den Delegationen gebe es auch sehr viel Zustimmung zu einem Fonds für die Reintegration moderater Taliban. "Wir wollen, dass junge Männer, die nicht Ideologen und fundamentalistische Terroristen sind, eine Chance bekommen, in die afghanische Gesellschaft zurückzukehren", sagte Westerwelle.

(DDP/csr)
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