Istanbul Hagia Sophia soll wieder Moschee werden

Istanbul · Die türkische Regierung will die byzantinische Kirche in Istanbul umwidmen. Protest dagegen kommt aus Griechenland.

 Die Hagia Sophia.

Die Hagia Sophia.

Foto: afp, BULENT KILIC

Seit fast 1500 Jahren thront die Hagia Sophia über der Altstadt von Istanbul. Der gewaltige Bau aus dem 6. Jahrhundert war zuerst Kirche, dann Moschee, jetzt ist er ein Museum und ein Touristenmagnet, der jedes Jahr 3,3 Millionen Besucher aus aller Welt anzieht. Doch die türkische Regierung hat angedeutet, dass das nicht mehr lange so bleiben wird: Die Hagia Sophia soll wieder zur Moschee werden.

Fast 1000 Jahre lang diente die in ihrer heutigen Form im Jahr 537 gebaute Hagia Sophia als Kirche. Oströmische Kaiser wurden hier gekrönt, Kirchenkonzile tagten unter ihren Kuppeln, Kreuzfahrer wurden in ihren Mauern beigesetzt — ein Jahrtausend christlicher Geschichte spielte sich in der damaligen Patriarchatskirche von Konstantinopel ab.

Als die Osmanen im Jahr 1453 die Stadt einnahmen, die heute Istanbul heißt, verwandelten sie die Hagia Sophia in eine Moschee und bestatteten fortan ihre Sultane dort. Auch ihr Reich ging schließlich unter, es folgte die Türkische Republik, die sich den Laizismus auf die Fahnen schrieb und kein repräsentatives Gotteshaus brauchte. Staatsgründer Atatürk ließ die Hagia Sophia 1935 zum Museum erklären, das weder Christen noch Muslimen gehört, sondern allen zum Besuch offensteht.

Das ging 80 Jahre lang gut, doch nun neigt sich auch diese Ära ihrem Ende zu. Im Parlament von Ankara hat die nationalistische Opposition einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Rückumwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee vorsieht. Der Chefprediger der Istanbuler Moscheen, immerhin ein Beamter des türkischen Staates, forderte vor wenigen Wochen ebenfalls öffentlich die Umwandlung.

Und nun hat auch die islamisch-konservative Regierung Erdogan erkennen lassen, dass sie wieder islamische Gebete in der Hagia Sophia ermöglichen will. Vizepremier Bülent Arinc sagte vor einigen Tagen in einer Rede vor der Kirche, nach türkischer Gesetzeslage müsse die Regierung sogar dafür sorgen, dass als Gotteshaus errichtete Bauwerke auch als solche genutzt würden — und nicht etwa als Museen. "Die Hagia Sophia spricht zu uns", sagte Arinc. "Bisher war es wohl möglich, Moscheen einfach zu Museen zu erklären. Aber jetzt gibt es eine neue Türkei", fügte er hinzu. "Ich blicke heute auf diese traurige Hagia Sophia und hoffe, dass mit Gottes Hilfe bald glücklichere Tage beginnen."

Zwei andere byzantinische Kirchen hat Arinc in den vergangenen zwei Jahren schon von Museen in Moscheen zurückverwandeln lassen: die Hagia Sophia von Iznik und die Hagia Sophia von Trabzon. Seiner Ankündigung werden also vermutlich Taten folgen.

Die griechische Regierung hat deshalb schon Protest eingelegt. "Byzantinische Kirchen sind ein wesentlicher Bestandteil des kulturellen und religiösen Welterbes", erklärte ein Regierungssprecher. Ihre Umwandlung in Moscheen sei ein anachronistisches und unverständliches Vorhaben für ein Land, das der EU beitreten wolle. Die Antwort aus Ankara kam prompt. Die Türkei habe keinen Nachhilfeunterricht in Sachen Religionsfreiheit von Griechenland nötig, erklärte das türkische Außenamt: In Athen gebe es nach wie vor keine einzige Moschee.

Bei einer Volksabstimmung käme wohl eine Mehrheit für die Umwandlung heraus, da sind sich die Menschen auf dem Platz vor dem Gotteshaus einig. Doch ganz so einfach sei die Sache nicht, sagt der Rentner Asim Gür. "Wir sind zwar Muslime, und wir wollen die Moschee, aber die anderen haben auch ihre Rechte", sagt er. "Also, wenn du mich fragst: Es ist ein symbolischer Bau, als Kirche gebaut. Man sollte nicht daran rühren."

(RP)
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