Bündnis von Fatah und Hamas in Nahost Die Friedensgespräche stehen vor dem Aus

Gaza/Jerusalem · Eine Fortsetzung der Friedensgespräche in Nahost erscheint immer unwahrscheinlicher. Die größten Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah schließen nun einen neuen Pakt. Meinen sie es diesmal ernst?

Chronologie: Das Ringen um einen Palästinenserstaat
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Foto: dpa

Die Friedensgespräche mit Israel stehen vor dem Aus - und die Palästinenser rücken wieder näher zusammen. Die rivalisierenden Organisationen Fatah und Hamas haben sich auf eine Versöhnung geeinigt - allerdings schon zum x-ten Mal. Israel reagierte am Mittwoch zornig auf den innerpalästinensischen Pakt. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatah) habe "Hamas und nicht den Frieden gewählt", sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Ein für Mittwochabend geplantes Vermittlungstreffen mit den Palästinensern sagte Israel kurzerhand ab.

Hamas und Fatah wollen jetzt in einem neuen Anlauf binnen fünf Wochen eine Übergangsregierung bilden und innerhalb eines halben Jahres die längst überfälligen Neuwahlen für Parlament und Präsidentenamt abhalten. Ob es diesmal wirklich klappt, ist allerdings noch ungewiss.

"Ich glaube nicht, dass die jetzigen Gespräche (zwischen Hamas und Fatah) ernsthafter sind als die in der Vergangenheit", sagte Professor Kobi Michael vom Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) in Tel Aviv. "Die ideologische, politische und kulturelle Kluft zwischen beiden Seiten ist immer noch sehr tief." Er könne sich auch nicht vorstellen, dass die Hamas im Rahmen einer Versöhnung ihren Sicherheitsapparat im Gazastreifen aufgeben würde. Auf dem Höhepunkt eines blutigen Bruderkriegs hatte die radikal-islamische Hamas Mitte 2007 gewaltsam die Kontrolle im Gazastreifen übernommen. Die Fatah herrscht seitdem nur noch im Westjordanland.

Israel beunruhigt

Ungeachtet aller Skepsis lassen die Berichte über eine innerpalästinensische Versöhnung in Israel die Alarmglocken schrillen. Außenminister Avigdor Lieberman sagte, eine Aussöhnung mit der Hamas bedeute faktisch "das Ende der Verhandlungen zwischen Israel und der Palästinenserbehörde".

Die Frist für die vor neun Monaten wiederaufgenommenen Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern läuft am Dienstag ab. Bislang haben sich beide Seiten trotz intensiver US-Vermittlung nicht auf eine Verlängerung einigen können. Israelische Kommentatoren sehen die Annäherung an die Hamas als Versuch von Abbas, Druck auf Israel auszuüben.

Ein Bündnis von Hamas und Fatah werde sich negativ auf den Friedensprozess auswirken, glaubt Professor Michael. Hamas lehnt die Friedensgespräche mit Israel kategorisch ab. Israel, die Vereinigten Staaten und andere Länder betrachten die Organisation wegen ihrer Anschläge auf Israelis als Terrororganisation.

An die Möglichkeit, die Hamas als Teil einer großen Palästinenserregierung in die Friedensbemühungen einbinden zu können, glauben in Israel nur sehr wenige. "Abbas wird im Rahmen eines Pakts mit Hamas einen noch viel engeren Bewegungsspielraum haben", sagte Michael. Er könne sich dann noch weniger Konzessionen Israel gegenüber erlauben.

Rechtsgerichtete Israelis sehen die innerpalästinensische Einigung als Beweis ihrer Ansicht, Abbas sei gar kein echter Partner für einen Frieden. Wirtschaftsminister Naftali Bennett sprach etwa von einer "vereinigten Terror-Regierung" der Palästinenser. "Hamas wird weiter Juden ermorden und Abu Masen (Abbas) wird weiter ihre Freilassung verlangen", sagte der Vorsitzende der Siedlerpartei.

Für die international isolierte Hamas könnte eine Versöhnung mit Fatah als Rettungsanker dienen. Ihre Machtbasis ist sehr geschwächt, seit sie mit der Absetzung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi im Juli vergangenen Jahres ihren wichtigsten Verbündeten verloren hat. Die neue Führung in Ägypten hat Hunderte Schmugglertunnel in den Gazastreifen und den Rafah-Grenzübergang geschlossen.

Hauptleidtragende sind wie immer die 1,7 Millionen Einwohner des blockierten Küstenstreifens. Auch ein Bündnis mit Fatah werde die Beziehungen zwischen Hamas und Ägypten aber nicht verbessern, meint Michael. "Hamas wird ein strategischer Gegner (der neuen ägyptischen Führung) bleiben."

(dpa)
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