Demokraten feiern Wendy Davis Heldin in Turnschuhen

Das Netz feiert eine 50-jährige Senatorin aus Texas. Mit einer fast 13-stündigen Marathonrede verhinderte Wendy Davis im Senat eine Verschärfung des Abtreibungsrechts. Die bis dato eher unbekannte Politikerin hatte ihren Coup von langer Hand geplant. Bester Beleg: ihre pinkfarbenen Turnschuhe.

Als die texanische Senatorin um 11.17 Uhr das Wort ergriff, war sie sich vollkommen im Klaren darüber, dass sie sich nun eine außergewöhnliche Strapaze zumuten wollte: Geplant hatte sie ein rekordverdächtiger Filibuster, ein vor allem in den USA genutztes Verfahren, parlamentarische Entscheidungen zu verzögern. Ziel der Demokratin: die von der republikanischen Mehrheit angestrebte Verschärfung des Abtreibungsrechts zu verhindern, indem sie bis Mitternacht das Parlament blockiert.

Davis erschien daher im Parlament von Texas in der entsprechenden Ausstattung. In den US-Medien sorgten vor allem ihre roten Turnschuhe für Aufsehen. Zudem legten ihr Unterstützer einen Gewichthebergurt um, um damit den Rücken zu stützen. Ansonsten zeigte sich die 50-Jährige bestens präpariert. Körperlich brachte sie als bekennende Triathletin und Marathonläuferin ohnehin gute Voraussetzungen mit.

In Texas sind die Regeln strenger

Und die braucht es auch für einen Filibuster im Senat von Texas, weil die dortigen Regeln noch härter sind als anderswo: Zwar gilt auch dort ein unbegrenztes Rederecht für Senatoren. Doch ansonsten gelten strenge Ge- und Verbote. Redner müssen stehen, dürfen nichts trinken oder essen und auch nicht zur Toilette gehen. Außerdem musste Davis sich streng an das Thema der Debatte halten — anders als etwa im Senat in Washington, wo bei einem Filibuster auch schon mal Telefonbücher vorgelesen wurden.

Doch Davis triumphierte. Nach einem dramatischen Finale durfte sie sich in ihren pinken Schuhen als neue Ikone der Frauenbewegung feiern lassen. Ein Versuch der republikanischen Mehrheit, kurz vor Mitternacht doch noch abstimmen zu lassen, ging im Gejohle und Gebrülle von Gegnern des Gesetzes unter, die sich auf der Besuchergalerie des Senats postiert hatten.

Das Internet pulsierte

Der Fall elektrisierte in bemerkenswerter Weise soziale Netzwerke im Internet. Auch weil Davis diese Kanäle geschickt für sich nutzte. Im Vorfeld ihres Filibusters forderte sie Frauen über Twitter auf, ihr ihre persönlichen Geschichten zu schicken, damit sie sie beim Redemarathon im Senat vortragen könne.

Der Husarenstreich im Senat und die unmittelbare Beteiligung am Geschehen faszinierte vor allem in den USA Zehntausende. Unter dem Hashtag #standwithwendy drehte Twitter geradezu durch. Dort meldete sich sogar Präsident Barack Obama zu Wort: "Etwas Besonderes geschieht heute Abend in Texas", schrieb Obama und fügte das Schlagwort "Unterstützt Wendy" hinzu.

Something special is happening in Austin tonight: http://t.co/RpbnCbO6zw #StandWithWendy

Besucher und Mitstreiter von Davis twitterten Fotos vom Geschehen im Senat, andere unterstützten die Demokratin von außerhalb. Prominente aus Hollywood wie etwa Julianne Moore ließen sich ebenfalls vom Twitter-Sturm erfassen und erklärten sich solidarisch.

I'm standing with all the women's health advocates in the #txlege today. #SB5 is bad for health and bad for women.

Der Live-Stream bei Youtube knackte die Marke von 100.000, als der Filibuster in eine entscheidende Phase trat und Davis beschuldigt wurde, vom Thema abzuweichen. Andere Senatoren überbrückten die Zeit bis 24 Uhr mit anderen Verfahrenstricks. Um kurz vor Mitternacht zählte der Stream mehr als 180.000 Zuschauer.

Entsprechend groß ist nun das Aufsehen um Wendy Davis. Bei Twitter sammelt sie seit dem Filibuster Gratulationen, in den Nachrichtensendungen mausert sie sich zum Dauergast, die New York Times kürte sie zur Mode-Ikone, und selbst ihre rosafarbenen Turnschuhe sind plötzlich gefragt.

Schon wird sie politisch hoch gehandelt

Sogar als mögliche Herausforderin von Gouverneur Rick Perry wird Davis inzwischen gehandelt. Bisher befindet sich Texas zwar fest in republikanischer Hand. Doch bis zum Jahr 2014 ist es noch eine Weile hin. Schon bei ihrer Kandidatur für den Senat sorgte sie für eine große Überraschung und siegte in ihrer Heimat Fort Worth gegen einen Republikaner.

Schon jetzt taugt ihr Aufstieg zur amerikanischen Heldengeschichte. Mit 14 arbeitete sie nach der Schule in einer Saftbar, um ihre alleinerziehende Mutter und drei Schwestern zu unterstützen. Mit 19 wurde sie ebenfalls Mutter, schlug sich mit Kind und zwei Jobs alleine durch. Der Rest ist Geschichte einer Aufsteigerin. Trotz widriger Umstände studierte Davis und verdiente sich eine Zulassung für die Elite-Uni Harvard, wo sie einen Abschluss in Jura machte.

Der nächste Konflikt steht bevor

Dass sie noch viel vorhat, daran lässt sie keinen Zweifel. "Was gestern passierte, war ein Sieg für die Menschen in Texas", twitterte sie zuletzt. Aber der Kampf sei noch nicht vorbei. Sie muss davon ausgehen, dass die Republikaner den Entwurf für die Verschärfung des Abtreibungsrechts in einer zweiten Sondersitzung des Senats einbringen werden und das Gesetz dann auch verabschiedet wird. Auch Senatspräsident und Befürworter Dewhurst twitterte bereits Stunden nach der Entscheidung: "Dieser Kampf ist alles andere als vorbei."

What happened yesterday was a victory for the people of Texas — but our fight isn't over yet. http://t.co/xg0OIANWbg #SB5 #txlege

(pst)
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