Brisante Konflikte in Asien Im Jahr der Schlange wächst die Angst

Düsseldorf · 2013 wird in Asien ein Jahr der Konflikte. Das sagen die Astrologen in Peking anlässlich des vor wenigen Wochen begonnenen "Jahrs der Schlange" voraus. Denn die Schlange steht im chinesischen Horoskop für Feuer und stößt in diesem Jahr auf das Gegenelement Wasser. Wie zum Beweis eskalierte die Machtprobe zwischen Japan und China sowie die Dauer-Fehde zwischen Nord- und Südkorea.

Japan und China streiten um kleine Inseln
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An gefährlichen Konfliktherden besteht in Asien kein Mangel. Im Februar hielt die Machtprobe zwischen China und Japan die Welt in Atem. Beide Länder machten ihre Besitzansprüche verbal mit Drohungen, Demonstrationen, dem Abdrängen von Schiffen oder dem Einsatz von Feuerlösch-Kanonen gegen Fischerboote deutlich. Eine chinesische Fregatte nahm nahe der umstrittenen Inselgruppe einen japanischen Zerstörer und einen Hubschrauber durch das Aufschalten des Feuerleit-Radars ins Visier.

Dies gilt international als Vorbereitung eines Angriffs, kann doch in Sekundenbruchteilen eine Rakete oder eine Granate folgen und darf deshalb abgewehrt werden. Scharf geschossen wurde dann zwar nicht, doch die Gefahr eines Waffeneinsatzes ist nicht eben geringer geworden.

Auch Russland mischt wieder mit

Dahinter steht nicht nur der Territorialstreit um eine unbewohnte Felsengruppe, deren Umgebung fischreich ist und auf deren Meeresgrund wertvolle Rohstoffe vermutet werden. In Asien verschieben sich zurzeit großflächig die Machtverhältnisse. Auch Russland mischt wieder mit, und der junge, unberechenbare Diktator Kim Jong Un will Nordkorea weiter zur Atommacht ausbauen. In der Woche vor Ostern rief der Machthaber sogar den Kriegszustand aus. Südkorea reagierte bislang sehr zurückhaltend.

Pekings Schatten ist aber für viele Japaner mit Abstand der bedrohlichste. Beobachter wie Masashi Nishihara vom Tokioter Friedensforschungsinstitut warnen konkret vor einer militärischen Auseinandersetzung in den kommenden zwei Jahren. Nishihara: "Es muss unser großes Ziel sein, einen Krieg zu verhindern."

"Viele Chinesen haben sich mental darauf vorbereitet, dass die ersten Schüsse zwischen China und Japan fallen", schrieb die "Global Times", eine englischsprachige Zeitung unter Kontrolle der Kommunistischen Partei Chinas. Immer weniger Menschen glaubten an eine friedliche Lösung. Tatsächlich wollen weder China noch Japan im Inselstreit nachgeben. Die USA betrachten die verhärteten Fronten mit Sorge, befürchten sie doch, als traditionelle "Schutzmacht" Japans in den Konflikt mit ungewissem Ausgang hineingezogen zu werden. "Ein militärischer Konflikt würde weltweite Auswirkungen haben, die wir uns nicht einmal vorstellen könnten", warnte der Befehlshaber des US Pacific Command, Admiral Samuel Locklear, bei einem Besuch in Indonesien.

China rüstet massiv auf

China sieht Japan als US-Marionette an: Die Japaner sollten helfen, China klein zu halten. Tokio dagegen fürchtet, dass Chinas Aufrüstung die Freiheit der Meere bedroht, auf die die Handelsnation Japan dringend angewiesen ist. Zwar kann keine Seite an einem Krieg interessiert sein. Doch China rüstet ungewöhnlich massiv auf. Andererseits sei Japan inzwischen vom Handel mit China abhängig, stellt Professor Ryosei Kokobun fest, der als Japans profundester China-Kenner gilt.

China hat Japan 2010 als zweitgrößte Volkswirtschaft nach den USA abgelöst. Die Invasion findet Kokobuns Ansicht nach nicht militärisch, sondern wirtschaftlich statt: Chinesische Firmen kauften japanische auf oder hätten maßgebliche Aktienanteile erworben. "Unser Land wird ausgehöhlt. Japan braucht China, besonders als Absatzmarkt für seine Produkte. Aber zugleich ist unser Misstrauen groß."

Neue Bündnisse

So sucht Japan verstärkt die Militärkooperation mit Südkorea, Indien und Australien. Andere Staaten versuchen ebenfalls, sich zu rüsten. Vietnam, die Philippinen und Kambodscha fürchten wegen Grenzstreitigkeiten konkret einen Angriff Chinas, dessen staatseigene Medien den verschreckten Nachbarn drohen.

Neue Bündnisse zeichnen sich auch außerhalb des Pazifiks ab: Die Zusammenarbeit zwischen Pakistan und China wird immer enger. Das beunruhigt nicht nur Indien. Die strategische Schwerpunktverlagerung der Amerikaner in den pazifischen Raum wird den europäischen Alliierten voraussichtlich zusätzliche Aufgaben in Europa und im afrikanisch-arabischen Raum aufbürden.

(pst/csi/jco)
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