Diskussion um Neuwahlen In Israel droht wegen Friedensverhandlungen eine Regierungskrise

Jerusalem · Diskussionen über vorgezogene Neuwahlen dominieren zu Beginn der Woche die Schlagzeilen in Israel. Anlass sind wiederholte Drohungen der Siedlerpartei Jüdisches Heim mit einem Koalitionsbruch, falls den Palästinensern Zugeständnisse gemacht werden, um sie zur Verlängerung der Ende April auslaufenden Friedensverhandlungen zu bewegen.

Die Palästinenser verlangen als Voraussetzung für eine Gesprächsverlängerung über April hinaus, dass die letzten 26 Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen, die dort länger als 20 Jahre wegen nationalistisch motivierter Kapitalverbrechen einsitzen. Dies war eine Zusage noch für die erste, auf neun Monate begrenzte Verhandlungsphase.

Aber zu diesen Gefangenen gehören auch 14 arabische Israelis, die sich nach ihrer Haftentlassung frei in Israel bewegen könnten. Unter dem Druck vom rechten Rand seiner Koalition hatte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Freilassungstermin Ende März verstreichen lassen - was eine Abfolge von Vergeltungsschritten auf beiden Seiten auslöste.

Dies versuchen nun Wirtschaftsminister Naftali Bennett, Chef der nationalreligiösen Partei Jüdisches Heim, und einige Kabinettsmitglieder vom rechten Flügel der Likud-Partei Netanjahus auszunutzen. Sie waren von Beginn an gegen eine Zweistaatenlösung, die das erklärte Ziel der gegenwärtigen Verhandlungen ist und auch von der internationalen Staatengemeinschaft stark unterstützt wird. Bennett und die übrigen fünf Kabinettsmitglieder seiner Partei drohen mit Rücktritt und Koalitionsbruch, falls die 14 arabischen Häftlinge mit israelischem Pass freikommen.

Führende Likudmitglieder aus Netanjahus Umfeld kündigten an, der Regierungschef werde im Streit mit Bennett nicht nachgeben. Dieser benehme sich "unverantwortlich und kindisch", wurden sie in der Zeitung "Jediot Ahronot" zitiert. Im engeren Kreis habe sich Netanjahu wie folgt geäußert: "Ich wünsche mir keine Neuwahlen. Aber genauso wenig beabsichtige ich, Berge zu bewegen, damit Bennett seine Meinung ändert."

In ungewohnter Schärfe griff zugleich die israelische Chefunterhändlerin, Justizministerin Zipi Livni, den Rechtsaußen im Kabinett an. "Dieser Mann und seine Partei gefährden die Sicherheit Israels", sagte sie dem großen Nachrichtenportal Ynet. "Sie wollen erzwingen, dass wir nie zu einem Friedensabkommen gelangen", sagte die liberale Politikerin.

Livni erinnerte daran, vor allem Bennett und sein Parteifreund, Wohnungsbauminister Uri Ariel, hätten dafür gesorgt, "dass die israelische Regierung die Gefangenenfreilassung beschloss, statt den Siedlungsausbau auf Eis zu legen, was diese beiden primär verhindern wollten". Bennett erwiderte nicht minder scharf: "Sie tut mir leid. Sie durfte neun Monate verhandeln. Und alles, was sie erreichte, war die Freilassung von immer mehr Terroristen."

Obwohl die Verhandlungen mit den Palästinensern nun tief in der Sackgasse stecken, streuen Netanjahu-Vertraute über die Medien immer wieder Meldungen über mögliche Kompromisse. Dies könnte etwa unter Einbeziehung der Begnadigung des israelischen Top-Spions Jonathan Pollard durch die USA nach Ostern erreicht werden. Aber auch eine solche Wendung würde Bennett und seine Mitstreiter nicht besänftigen - dann wären in Israel tatsächlich Neuwahlen wahrscheinlich.

(AFP)
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