Kampf gegen Islamisten Irak bittet Obama um Luftangriffe gegen Isis

Bagdad/Washington · Bagdad erhofft sich Hilfe aus Washington: Die irakische Regierung hat die USA offiziell gebeten, sie im Kampf gegen die Islamistenmiliz Isis mit Luftschlägen zu unterstützen.

Chronologie des Aufstiegs des IS im Irak
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Foto: afp, FC

Der Irak habe Washington gemäß einer gemeinsamen Sicherheitsvereinbarung um Luftangriffe gegen die Terrorgruppen ersucht, sagte Außenminister Hoschiar Sebari nach einem Bericht des Senders Al-Arabija am Mittwoch in der saudischen Stadt Dschidda. US-Präsident Barack Obama wollte die militärischen Optionen noch am Abend mit Kongressmitgliedern in Washington diskutieren.

Die Sunnitenmiliz Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) zielt bei ihren Angriffen zunehmend auf die Infrastruktur und damit auf die Lebensadern des Landes. Am Mittwoch griffen die Islamisten die größte Ölraffinerie des Landes in Baidschi rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad an und besetzten sie zeitweise. In Baidschi steht auch ein Elektrizitätswerk, das die Hauptstadt Bagdad mit Strom versorgt. Stundenlang tobten heftige Kämpfe der Islamisten mit Regierungstruppen, die auch Luftangriffe auf Isis-Stützpunkte flogen.

US-Präsident Obama berief für Mittwochabend ein Treffen mit hochrangigen Kongressmitgliedern im Weißen Haus ein. Das Gespräch sollte sich nach Informationen von US-Medien vor allem um die Frage drehen, mit welchen Mitteln die USA den Vormarsch der Islamisten stoppen könnten.

Die Haltung der US-Regierung zu Luftangriffen blieb zunächst unklar. Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf Regierungsbeamte, dass vereinzelte Drohnenschläge in Betracht gezogen würden. Das "Wall Street Journal" hingegen schrieb, dass dies ausgeschlossen sei, weil keine verlässlichen Informationen über mögliche Ziele vorlägen.
Stattdessen solle der irakischen Armee mit US-Geheimdienst-Hinweisen geholfen werden.

Obama hatte bereits angekündigt, 275 Soldaten in den Irak zu schicken, um die US-Botschaft und die dort arbeitenden Amerikaner zu schützen. Die USA sorgen sich um die Stabilität der Region und befürchten einen Zerfall des irakischen Staates.

Die irakische Führung rief die Menschen auf, Benzin und Strom zu sparen und mit Lebensmitteln umsichtig umzugehen. Vor allem im stark gesicherten Bagdad, das die Extremisten stürmen wollen, herrscht Angst und Schrecken. Zahlreiche Sicherheitskräfte sind dort zusammengezogen. Vereinzelt gab es Stromausfälle, Internetdienste wie Twitter und Facebook waren zeitweise unterbrochen.

Der umstrittene Regierungschef Nuri al-Maliki beschwor angesichts der Eskalation die Einheit aller Iraker. Bei einer im Staatsfernsehen ausgestrahlten Rede betonte er: "Der Irak ist eine Einheit - aus Sunniten, Schiiten, Arabern und Kurden." Zugleich entließ Al-Maliki ranghohe Militärs in den von der Terrorgruppe überrannten Gebieten.

Der Präsident der kurdischen Autonomieregion, Massud Barsani, rief die Bevölkerung zur Gegenwehr auf. "Es ist die Pflicht aller in der Region Kurdistan, die Peschmerga (Kurdentruppen) und die kurdischen Sicherheitskräfte zu unterstützen", erklärte er. Die Kurdenverbände stellen sich im Norden des Landes und in der Region um die ölreiche Stadt Kirkuk der Isis-Terrorgruppe entgegen. Pensionierte Peschmerga-Angehörige forderte er auf, ihre früheren Militäreinheiten zu kontaktieren.

Merkel sieht die USA in der Pflicht

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht vor allem die USA in der Verpflichtung, den Vormarsch der Islamisten im Irak zu stoppen. "Natürlich haben die Amerikaner eine ganz besondere Verantwortung", sagte sie in Berlin. Merkel schloss jegliche militärische Hilfe aus Deutschland aus: "Was Deutschland beitragen kann - jenseits jedes militärischen Engagements -, das ist sicherlich zu versuchen, den politischen Prozess mitzubegleiten."

Die Extremisten hatten Anfang vergangener Woche die Millionenstadt Mossul im Nordirak eingenommen. Inzwischen kämpfen sie bereits wenige Dutzend Kilometer von Bagdad entfernt gegen Regierungstruppen und Freiwillige, die sich massenweise zum Dienst an der Waffe melden.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani warnte die sunnitischen Extremisten. "Wir werden alles unternehmen, um unsere heiligen (schiitischen) Stätten Kerbela, Nadschaf und Samarra vor Terroristen und Mördern zu schützen, sagte er in Lorestan in Südwestiran. Der Iran will unter allen Umständen die Herrschaft der Schiiten von Teheran über Bagdad und Damaskus bis nach Beirut sichern.

Deutschland muss nach den Worten von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) mit Anschlägen islamistischer Rückkehrer aus Syrien und dem Irak rechnen. "Aus einer abstrakten Gefahr ist eine konkrete tödliche Gefahr geworden in Europa - mit Deutschland-Bezug", sagte de Maizière bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2013 in Berlin.

Aus verschiedenen irakischen Landesteilen wurden Entführungen gemeldet. Im Nordosten nahmen Isis-Kämpfer einem Medienbericht zufolge weitere 60 ausländische Arbeiter als Geiseln, darunter 15 Türken. Damit sind inzwischen fast 100 Türken in der Gewalt der Isis, darunter auch der Generalkonsul. Auch 40 Inder, die zumeist als Bauarbeiter in Mossul tätig waren, wurden entführt.

(dpa)
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