US-General zweifelt an Zeugenberichten Irak: Bombardierte US-Armee eine Hochzeitsfeier?

Bagdad (rpo). Die USA haben in Irak offenbar eine Hochzeitsgesellschaft angegriffen. Bei dem folgenschweren Luftangriff sollen Dutzende Personen getötet worden sein. Die US-Armee bestätigte hingegen einen Angriff auf "ausländische Kämpfer". Man wolle jedoch eine Untersuchung einleiten.

US-Armee bombadiert offenbar Hochzeitsgesellschaft
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US-Armee bombadiert offenbar Hochzeitsgesellschaft

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Bei dem US-Luftangriff auf die irakische Hochzeitsgesellschaft sind nach Augenzeugenberichten mindestens 40 Iraker getötet worden, unter ihnen zahlreiche Frauen und Kinder. Kampfhubschrauber beschossen zwei Häuser in der Ortschaft Makredib an der Grenze zu Syrien, in denen die Iraker feierten, wie ein Augenzeuge am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Ein Sprecher der US-geführten Koalition bestätigte den Luftangriff, der jedoch mutmaßlichen "ausländischen Kämpfern" gegolten habe. Die US-Armee wird jedoch eine Untersuchung zu den Vorwürfen einleiten. Vor allem wegen des Medieninteresses werde es eine Untersuchung geben, sagte US-General Mark Kimmit am Donnerstag in Bagdad. "Einige der Vorwürfe" veranlassten die Armee, genauere Informationen einzuholen.

US-General zweifelt an Zeugenberichten

Ein US-General in Irak hat die Augenzeugenberichte über einen US-Luftangriff auf eine Hochzeitsfeier an der Grenze zu Syrien in Zweifel gezogen. "Wieviele Leute treffen sich wohl mitten in der Wüste, 16 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, und nehmen an einer Hochzeit teil, Kilometer von der nächsten Stadt entfernt?" sagte US-General James Mattis am Donnerstag vor Journalisten in Falludscha. In Kaim seien vielmehr "zwei Dutzend Männer im kampffähigen Alter" zusammengekommen. Mattis ist der Befehlshaber der Marine-Infanterie in der westirakischen Provinz el Anbar, in der Kaim liegt. Seine Soldaten seien an dem Angriff nicht beteiligt gewesen, fügte Mattis hinzu.

Ein Video, das der Fernseh-Nachrichtenagentur APTN vorliegt, zeigt einen Lastwagen voller Leichen, bei denen es sich um die Opfer des Angriffs handeln soll. Ein Augenzeuge des Angriffs in der Nähe von Kaim sagte AFP, die Hochzeitsgäste hätten Freudenschüsse abgegeben. Zwei Kampfhubschrauber hätten daraufhin auf die Häuser gefeuert. Nach Angaben des katarischen Nachrichtensenders El Dschasira waren unter den Toten mindestens 18 Frauen und Kinder. Die Hubschrauber griffen demnach ein Festzelt an, das für die Hochzeitsfeier aufgestellt worden war.

"100 Bomben" auf eines der Häuser abgeworfen

Ein weiterer Augenzeuge berichtete, die gesamte Siedlung bestehe aus "höchstens zehn oder elf Häusern", und die Hochzeitsgesellschaft habe nur in einem Haus gefeiert. Um drei Uhr morgens habe die US-Luftwaffe "100 Bomben" auf eines der Häuser abgeworfen, "ohne dass es eine Provokation gegeben hätte". In dem Haus hätten sich die Familien der Brautleute und etwa zwanzig Hochzeitsgäste befunden. Danach habe die Armee Raketen auf ein weiteres Haus gefeuert, schließlich sei sie mit Panzern in das Dorf vorgedrungen. Fernsehbilder zeigten Iraker, die Gräber aushoben. Auch die Leichname von zwei Kindern waren zu sehen. Auf den Bilder war zu sehen, wie in Decken gehüllte Leichen von einem Lieferwagen gehoben wurden.

Ein Sprecher der US-geführten Koalition sagte in Bagdad, bei dem US-Luftangriff an der irakisch-syrischen Grenze seien in der Nacht zum Mittwoch mindestens 41 Menschen getötet worden. Ein Kampfhubschrauber habe um drei Uhr morgens Ortszeit auf ein Haus gefeuert, in dem "ausländische Kämpfer" vermutet worden seien. Ob es "einen direkten Zusammenhang mit den Fernsehbildern" gebe, sei nicht bekannt. Der Angriff sei von langer Hand geplant gewesen.

Rotes Kreuz kritisiert "exzessive Anwendung von Gewalt"

Die "exzessive Anwendung von Gewalt" in Irak verstoße gegen internationales Menschenrecht, kommentierte IKRK-Sprecherin Nada Dumani den Angriff. Selbst "unter Beschuss" gebe es Regeln der Verhältnismäßigkeit bei der Gegenwehr und die "absolute Notwendigkeit, Opfer unter Zivilisten zu vermeiden".

Der Vize-US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, James Cunningham, rief die Weltgemeinschaft vor dem UN-Sicherheitsrat in New York zur Entsendung weiterer Truppen auf. Die UNO könne ihre entscheidende Rolle bei der Vorbereitung von Wahlen in Irak nur dann beibehalten, wenn für die Sicherheit der UN-Mitarbeiter gesorgt sei, sagte Cunningham. "Wir drängen die internationale Gemeinschaft dazu, sich an dieser wichtigen Pflicht zu beteiligen."

Weitere Kämpfe in Kerbela

Der ehemalige britische Irak-Gesandte Jeremy Greenstock sagte dem britischen Rundfunk BBC, eine "strategische Niederlage" der US-geführten Koalition wäre für den weltweiten Terrorismus ein großer Erfolg. Wenn sich beobachten lasse, "dass Regierungen verändert werden, weil der Terrorismus in Irak funktioniert hat, dann hat der weltweite Terrorismus einen großen Satz nach vorne gemacht."

Bei Kämpfen zwischen Soldaten der US-geführten Koalition und schiitischen Milizen wurden in der Nacht zum Donnerstag in Kerbela neun Zivilisten getötet. 16 weitere Zivilisten, unter ihnen auch Frauen und Kinder, wurden nach Angaben des Leiters der Notfallaufnahme im städtischen Krankenhaus verletzt. Bei Explosionen und Angriffen in Bagdad und Tikrit wurden zwei US-Soldaten getötet.

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