Machtkampf im Irak Al-Maliki wirft Gegnern Verfassungsbruch vor

Bagdad · Al-Abadi statt Al-Maliki soll irakischer Ministerpräsident werden. UN und USA begrüßen die Nominierung durch die Allianz schiitischer Parteien. Unter dem Druck des Vormarsches der IS-Kämpfer liefern die USA den Kurden im Norden Waffen.

 Haidar Al-Abadi wurde offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt.

Haidar Al-Abadi wurde offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt.

Foto: ap

Nach langem Tauziehen hinter den Kulissen bahnt sich im Irak ein Wechsel an der Regierungsspitze an: Statt des umstrittenen bisherigen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki nominierte die Allianz schiitischer Parteien am Montag den stellvertretenden Parlamentspräsidenten Haidar al-Abadi als künftigen Regierungschef.

Nach der Nominierung seines Parteirivalen Haidar al-Abadi für den Posten des irakischen Regierungschefs lehnt der bisherige Amtsinhaber Nuri al-Maliki einen Rückzug ab. Die Entscheidung von Präsident Fuad Massum, Al-Abadi mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sei Verfassungsbruch, sagte Al-Maliki am Montagabend laut der Nachrichtenseite Al-Sumeria in einer TV-Ansprache. Der einzige Kandidat für eine Regierungsbildung sei er selbst. Den USA warf er vor, bei der Rechtsbeugung mitzuwirken.

Staatspräsident Fuad Massum erteilte ihm den Auftrag zur Regierungsbildung. Allerdings lehnten Abgeordnete der Partei von Al-Maliki die Nominierung ab. Damit droht dem Irak ein offener Machtkampf.

Iraks amtierender Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat die Nominierung des Schiiten Haidar al-Abadi zum neuen Regierungschef als "Verstoß gegen die Verfassung" zurückgewiesen. Die Entscheidung von Präsident Fuad Masum, al-Abadi mit der Regierungsbildung zu beauftragen, sei ein von den USA gebilligter Verstoß gegen die Verfassung, sagte al-Maliki am Montagabend in seiner ersten Reaktion auf die Nominierung seines Parteifreunds. Al-Maliki beharrt darauf, selbst die Regierung zu führen, da seine Partei bei der Parlamentswahl im April stärkste Kraft geworden war.

Die Vereinten Nationen und die USA begrüßten die Nominierung Al-Abadis. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte in New York, er ermutige Al-Abadi, eine für alle teile der irakischen Gesellschaft akzeptable, auf breitem Fundament stehende Regierung zu bilden. Ban appelliere an alle politischen Parteien im, Irak, Ruhe zu bewahren und den verfassungsmäßigen Gang der Regierungsbildung zu akzeptieren, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Ein politischer Machtkampf und die Bedrohung durch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) "könnte das Land in eine noch tiefere Krise führen".

Auch die USA sprachen dem designierten Ministerpräsidenten ihre Unterstützung aus. Vizepräsident Joe Biden habe Al-Abadi angerufen und die Hoffnung der USA auf eine irakische Regierung mit einer größeren Einbindung von Sunniten und Christen geäußert, teilte das Weiße Haus mit. Auch den neuen irakischen Präsidenten Fuad Massum lobte Biden in einem Telefonat dafür, dass er Al-Abadi mit der Regierungsbildung beauftragt hatte.

Der scheidende Ministerpräsident Nuri al-Maliki und dessen islamistische Dawa-Partei wiesen diese Entscheidung zurück. Al-Abadi habe nicht die Unterstützung von Dawa, der er ebenfalls angehört, hieß es in einer im Fernsehen verlesenen Erklärung. "Al-Abadi vertritt nur sich selbst", sagte Parteisprecher Chalaf Abdul Samad umgeben von Parteimitgliedern, unter ihnen auch Al-Maliki.

Al Abadi versprach, eine Regierung zu bilden, die "das irakische Volk" schütze. Er hat nun 30 Tage dafür Zeit. Al-Maliki, einem Schiiten, wird vorgeworfen, mit seiner Politik Sunniten und Kurden ausgegrenzt und damit zur derzeitigen Krise und dem Vormarsch der sunnitischen Terrormiliz Islamischer Staat beigetragen zu haben.

Al-Maliki selbst hatte Stunden vor dieser Entscheidung ihm getreue Spezialeinheiten der Armee an wichtigen Straßen Bagdads Position beziehen lassen, um als Sieger der Wahlen vom April seinen Anspruch auf eine dritte Amtszeit als Regierungschef zu untermauern. Zwei der Hauptstraßen wurden teilweise gesperrt, als Hunderte seiner Anhänger demonstrierten.

Hakim al-Samili von der schiitischen Sadristen-Bewegung verteidigte die Nominierung Al-Abadis durch die Allianz, die über 180 Sitze im Parlament verfüge. Das müsse auch Al-Maliki akzeptieren. Zudem dürfe er keine Soldaten einsetzen, um sich an die Macht zu klammern. "Die Sicherheitskräfte und Regierungsinstitutionen gehören dem irakischen Volk und sie sollten sich nicht in die Politik einmischen", sagte er.

Auch US-Außenminister John Kerry appellierte an Al-Maliki, die Bildung der neuen Regierung nicht zu stören. Zuvor hatte die US-Regierung betont, hinter dem seit Ende Juli amtierenden Massum zu stehen. Dieser hatte am Sonntag den Auftrag zur Regierungsbildung nicht fristgerecht an den Vorsitzenden der stärksten Fraktion - Al-Maliki - gegeben.

Die Serie von Bombenanschlägen in und um Bagdad ging auch am Montag weiter, mindestens neun Menschen wurden getötet. Im Norden des Landes setzten sich die Kämpfe zwischen den Dschihadisten und kurdischen Milizen ebenfalls fort. Die USA, die dort seit vergangener Woche Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat fliegen und Hilfsgüter für Flüchtlinge der religiösen Minderheiten abwerfen, statteten die kurdischen Sicherheitskräfte direkt mit ersten Waffen aus. Das sagten US-Regierungsvertreter am Montag der Nachrichtenagentur AP.

Solche direkten Waffenlieferungen hatte die US-Regierung früher abgelehnt aus Sorge, das Bestreben der Kurden nach Unabhängigkeit zu unterstützen. Vielmehr wollte sie Waffen nur an die irakische Regierung verkaufen. Der schnelle Vormarsch der Islamisten von IS, die im Nordirak die kurdischen Peschmerga-Streitkräfte in den vergangenen Wochen zurückdrängten, hat diese Haltung verändert.

(ap/dpa)
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