Stimmungstest Hohe Beteiligung bei Parlamentswahl

Teheran · Die Parlamentswahl im Iran war der erste Stimmungstest nach dem Atomabkommen mit dem Westen. Von der hohen Wahlbeteiligung könnten die Reformer um Präsident Ruhani mehr profitieren.

 Wegen des großen Andrangs musste die Wahl im Iran um sechs Stunden verlängert werden.

Wegen des großen Andrangs musste die Wahl im Iran um sechs Stunden verlängert werden.

Foto: ap

Bei der von den Reformern mit großen Hoffnungen verbundenen Parlamentswahl im Iran hat sich nach Medienangaben eine hohe Beteiligung abgezeichnet. Augenzeugen berichteten von Schlangen vor vielen Wahllokalen in der Hauptstadt Teheran. Auch der Sprecher des Innenministeriums, Mohammed-Hussein Moghimi, sprach am Freitagabend von einer hohen Beteiligung. Landesweit habe es keine Unregelmäßigkeiten oder Zwischenfälle gegeben. Alle Angaben zur Wahl kommen exklusiv vom Innenministerium und können daher nicht unabhängig verifiziert werden.

Die über 1000 Wahllokale sollten ursprünglich bis 18.00 Ortszeit (15.30 MEZ) geöffnet sein. Wegen des großen Andrangs musste die Abstimmung aber um sechs Stunden verlängert werden, so der Sprecher. Die Wähler stimmten am Freitag auch über die 88 Sitze im Expertenrat ab, der sowohl über die Ernennung als auch die Abwahl des obersten Führers des Irans entscheidet.

Präsident Hassan Ruhani zeigte sich nach der Stimmabgabe im Innenministerium zufrieden mit dem Ablauf. Der Spitzenkandidat der Reformer, Mohammed-Resa Aref, sagte in Teheran: "Wir könnten heute die 70-Prozent-Marke knacken." Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Reformer nach dem Sieg Ruhanis bei der Präsidentenwahl 2013 nun im Parlament die zwölfjährige Dominanz der Koalition aus Konservativen und Hardlinern beenden könnten.

Der Spitzenkandidat der Konservativen und Hardliner, Gholam-Ali Hadad-Adel, bezeichnete die Wahl als "ein Fest der religiösen Demokratie", die die Einheit des Landes spiegele. Er sei zuversichtlich, dass das Wahlergebnis zugunsten der revolutionären Kräfte ausgehen werde.

Einige Beobachter werten die Wahl als ein Referendum für oder gegen Ruhanis Kurs. Neben den neuen Mehrheitsverhältnissen im Parlament sei es politisch auch sehr wichtig, wer von den beiden Spitzenkandidaten die meisten Stimmen bekommt.

Die Abstimmung gilt als erster Stimmungstest nach dem im Vorjahr zwischen Teheran und dem Westen geschlossenen Atomabkommen und der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen im Januar. Um die 290 Parlamentssitze bewerben sich mehr als 4800 Kandidaten. Von der hohen Wahlbeteiligung könnten die Reformer mehr profitieren. Die stille Mehrheit im Land mag nicht unbedingt für die pro-Ruhani Reformer sein, aber definitiv gegen die Hardliner.

Im Expertenrat konkurrieren hochrangige Kleriker ebenfalls aus beiden Lagern. Dabei ist die Teheran-Liste der Reformer mit dem früheren Präsidenten Akbar Haschemi Rafsandschani und Ruhani stärker besetzt.
Obwohl der Expertenrat nicht in aktuellen politischen Entwicklungen involviert ist, hat das Ergebnis der Wahl dennoch Bedeutung. Das Gremium wurde jahrelang von erzkonservativen Klerikern geleitet. Nach Meinung von Beobachtern könnte ein Sieg der Reformer den Einfluss dieser Kleriker erheblich reduzieren.

Wahlberechtigt sind fast 55 Millionen Bürger landesweit, darunter 8,5 Millionen in der Hauptstadt Teheran. Das Ministerium rechnet für Samstag mit ersten belastbaren Ergebnissen. Allerdings könne es wegen der Doppelwahl auch Verzögerungen geben.

(dpa)
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