Dschihadistenorganisation IS-Miliz gibt Eroberung von libyscher Stadt Sirte bekannt

Dubai · Die Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) hat die Eroberung der Stadt Sirte im Norden Libyens bekannt gegeben. Ein Kraftwerk westlich des Geburtsorts des früheren Machthabers Muammar Gaddafi sei erobert worden, teilten die Extremisten im Internet am Dienstag mit.

So entstand der Name der Terrormiliz Islamischer Staat (IS)
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Foto: ap

Der IS habe Fotos von seinen Kämpfern in der Stadt veröffentlicht. Das Ringen um eine Überwindung des politischen Chaos erlitt unterdessen einen Rückschlag: Das international anerkannte Parlament kritisierte einen UN-Friedensplan, der am Mittwoch in Berlin beraten werden soll.

Der IS, der auch weite Teile des Irak und Syriens kontrolliert, hatte Ende Mai den Flughafen von Sirte 450 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis eingenommen. Die nun veröffentlichten Fotos zeigten "IS-Kämpfer bei Gefechten, auf schwerem Militärgerät, beim Erkunden der Stadt und eines nahegelegenen Wärmekraftwerks", teilte Site mit. Zu sehen seien auch Leichen von Kämpfern der Miliz Fadschr Libya.

Vor zwei Wochen hatte der IS den Flughafen von Sirte überrannt - der Heimatstadt des getöteten früheren Machthabers Muammar al-Gaddafi. Es war der erste derartige Eroberungserfolg für die extremistische Miliz in Libyen. Ihre Eroberungen in Syrien und im Irak konnte auch eine US-geführte Militärallianz mit massiven Luftangriffen bislang nicht stoppen.

Die Bemühungen um eine Lösung des politischen Konflikts zwischen den rivalisierenden Gruppierungen in Libyen sollen am Mittwoch in Berlin in eine entscheidende Phase eintreten. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) empfängt Vertreter der Konfliktparteien sowie die Libyenbeauftragten der UN-Vetomächte, der EU, Italiens und Spaniens. Sie sollen über einen Friedensplan des UN-Sondergesandten Bernardino León beraten.

Am Abend meldete das anerkannte Parlament in Tobruk aber große Vorbehalte an. Sein Sprecher Fradsch Abu Hatschem sagte, wer für das Parlament nach Berlin reise, tue dies nur auf "persönlicher Grundlage" und nicht im Auftrag der Institution. Das Parlament nimmt demnach Anstoß an den "Vorrechten" für das rivalisierende zweite Parlament, den Allgemeinen Nationalkongress (GNC) in Tripolis.

Dem UN-Vorschlag zufolge soll zwar das Parlament in Tobruk in der Übergangsphase von einem Jahr die gesetzgebende Institution in dem nordafrikanischen Land sein. Der Hohe Staatsrat, der überwiegend aus GNC-Mitgliedern besetzt werden soll, könnte Gesetzentwürfe aber mit qualifizierter Mehrheit zu Fall bringen.

Seit dem Sturz des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrschen in Libyen Chaos und Gewalt. Im vergangenen Sommer eroberten islamistische Milizen die Hauptstadt Tripolis und bildeten dort eine eigene Regierung, die international nicht anerkannt ist. Die anerkannte Regierung und das Parlament flohen ins ostlibysche Tobruk. Die UNO bemüht sich seit Monaten um die Bildung einer Einheitsregierung. Der UN-Sondergesandte León will vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan am 17. Juni eine Einigung erzielen.

(AFP)
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