Vorfall auf den Golanhöhen Islamisten nehmen 43 UN-Blauhelmsoldaten gefangen

Kunaitra · Erneut sind UN-Friedenssoldaten auf den Golanhöhen zwischen die Fronten des syrischen Bürgerkriegs geraten. Im Zuge heftiger Kämpfe seien am frühen Donnerstagmorgen 43 Blauhelme von einer bewaffneten Gruppe gefangen genommen worden, ließ UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York mitteilen.

 UN-Beobachter sind auf den Golanhöhen in die Hände von Islamisten gefallen.

UN-Beobachter sind auf den Golanhöhen in die Hände von Islamisten gefallen.

Foto: ap

Weitere 81 Blauhelme seien an ihren Stützpunkten in der Nähe eingeschlossen. Aus anderen syrischen Kampfgebieten werden weitere Gräueltaten der Terrormiliz Islamischer Staat gemeldet.

Der UN-Sicherheitsrat hat die Entführung der 43 Blauhelmsoldaten scharf verurteilt. Die 15 Mitglieder des Gremiums forderten in einer am Donnerstag veröffentlichten Mitteilung die sofortige und bedingungslose Freilassung der Soldaten.

In der Region gibt es seit Tagen Gefechte zwischen Aufständischen und der syrischen Armee. Rebellen - darunter Kämpfer des Al-Kaida-Ablegers Nusra Front - hatten am Mittwoch einen Grenzübergang zu dem von Israel besetzten Teil der Golanhöhen erobert. Am Donnerstag bombardierten daraufhin syrische Kampfflugzeuge Rebellenstellungen in der Gegend, wie örtliche Aktivisten und das oppositionsnahe Syrische Beobachtungszentrum für Menschenrechte berichteten.

Bans Mitteilung enthielt keine Angaben, welche bewaffnete Gruppe die UN-Soldaten in ihrer Gewalt hat. Neben der Nusra-Front sind dort mehrere weitere Rebellengruppen aktiv. Die Vereinten Nationen versuchen nach eigenen Angaben alles, um die Freilassung der Friedenssoldaten zu erwirken.

Die 43 festgenommenen Blauhelme stammen den Angaben zufolge von den Fidschi-Inseln, die 81 in ihren Stellungen festgesetzten Kollegen aus den Philippinen. "Die Situation ist sehr im Fluss", sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric. "Natürlich machen wir uns große Sorgen."

Die UN-Mission UNDOF überwacht seit 1974 die Region und die Umsetzung eines Waffenstillstands zwischen Syrien und Israel nach ihrem Krieg von 1973. Bereits in der Vergangenheit waren mehrfach Blauhelme von Beteiligten des syrischen Bürgerkriegs gefangen worden, anschließend aber unverletzt wieder freigekommen. Derzeit stellen sechs Länder Truppen für die UNDOF: Fidschi, Indien, Irland, Nepal, die Niederlande und die Philippinen.

In Syrien versuchen Rebellen seit 2011, Präsident Baschar al-Assad zu stürzen. In jüngster Zeit hatte im Schatten des Bürgerkriegs vor allem die sunnitische Terrormiliz Islamischer Staat Geländegewinne gegenüber den Regierungstruppen und anderen Aufständischen verbucht.

Die IS-Kämpfer gehen dabei offenbar weiter sehr brutal vor. So berichtete das Syrische Beobachtungszentrum für Menschenrechte, der Islamische Staat habe etwa 120 syrische Soldaten getötet, die er nach der Eroberung des Luftwaffenstützpunkts Tabka gefangen genommen hatte. Einige der Soldaten seien erschossen, andere mit Messern getötet worden. Weitere 40 Gefangene habe der Islamische Staat in der Nähe der Stadt Rakka getötet.

In einer Mitteilung von Unterstützern des Islamischen Staats im Internet war sogar die Rede von etwa 200 Getöteten. Dort zirkulierten auch vorgebliche Fotos von Gefangenen: junge Männer, die bis auf die Unterwäsche entkleidet durch die Wüste marschierten.

Der Islamische Staat hatte die strategisch wichtige Luftwaffenbasis diese Woche erobert. Die Gefangenen sollen am Mittwoch in der Nähe gemacht worden sein.

Die Golanhöhen

Israel und Syrien streiten sich seit fast fünf Jahrzehnten um die Golanhöhen. Im Sechstagekrieg 1967 hatte Israel das rund 1150 Quadratkilometer große syrische Plateau erobert und Ende 1981 annektiert. Die UN erklärten die israelische Annexion für nichtig. Das Gebiet ist militärstrategisch und wegen des Zugangs zu Wasserquellen bedeutsam.

Im Jom-Kippur-Krieg 1973 konnte Syrien Teile der Golanhöhen kurzzeitig zurückerobern. Damaskus dringt auf eine Rückgabe des ganzen Gebiets im Rahmen einer Friedenslösung. Verhandlungen mit Tel Aviv führten jedoch bis heute nicht zum Erfolg. Auf dem Golan leben insgesamt gut 40 000 Syrer und jüdische Siedler.

Seit 1974 überwacht dort eine UN-Truppe die Einhaltung des Waffenstillstands. Die Blauhelme der Undof-Mission kontrollieren eine etwa 75 Kilometer lange und 10 Kilometer breite und eigentlich entmilitarisierte Pufferzone zwischen Israel und Syrien. Nach Undof-Angaben sind derzeit rund 1250 Soldaten aus sechs Ländern in der Region stationiert (Stand Juni 2014).

(dpa)
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