EU will Aufklärung in Mossad-Affäre Israels langer Arm unter Beschuss
Brüssel (RPO). Israels Auslandsgeheimdienst Mossad schien seine Krise überwunden zu haben. Nachdem "Israels langer Arm" Ende der 90er Jahre nach zahlreichen Pannen seinen legendären Ruf zu verlieren schief, meldeten sich die Agenten jüngst mit entschlossener Härte zurück. Beim Anschlag in Dubai ging indes einiges schief. Die Killer ließen sich von der Hotelkamera filmen. Und die EU meckert über den Einsatz von gefälschten Pässen.
Brüssel (RPO). Israels Auslandsgeheimdienst Mossad schien seine Krise überwunden zu haben. Nachdem "Israels langer Arm" Ende der 90er Jahre nach zahlreichen Pannen seinen legendären Ruf zu verlieren schief, meldeten sich die Agenten jüngst mit entschlossener Härte zurück. Beim Anschlag in Dubai ging indes einiges schief. Die Killer ließen sich von der Hotelkamera filmen. Und die EU meckert über den Einsatz von gefälschten Pässen.
Der Mossad, mit vollständigem Namen "Institut für Aufklärung und besondere Aufgaben", galt jahrzehntelang als härtester und erfolgreichster Geheimdienst der Welt. Zu den noch heute bekannte Operationen gehörten die Verhaftung des NS-Massenmörders Adolf Eichmann 1960 in Argentinien sowie die blutige Rache an den Geiselnehmern der Olympischen Spielen 1972 in München. Die "Operation Zorn Gottes" mit zahlreichen Bombenanschlägen des Mossad beflügelte mehrmals die Phantasie von Thriller-Autoren und Filmemachern in aller Welt.
Dem aktuellen Fall aus Fall aus Dubai fehlt dieser vermeintliche Glanz der Geheimdienstwelt völlig. Denn der jüngste Mord an einem Hamas-Führer in einem Hotel beschert Israel und dem Mossad nichts als Peinlichkeiten. Da wäre die Tatsache, dass sich die mutmaßlichen Täter nach dem Mord an Waffenhändler Mahmud al Mabhuh in Tenniskluft von der Hotelkamera filmen ließen. Die gestochen scharfen Bilder gingen um die Welt.
Deutscher Pass für "Michael Bodenheimer"
Auch auf diplomatischem Parkett drohen peinliche Momente. Die EU forderte bei einem Treffen der Außenminister Aufklärung. Die Attentäter reisten mit britischen, irischen, französischen und deutschen Pässen. Zumindest der deutsche Pass war dabei keine Fälschung. Das Reisedokument wurde 2009 auf Antrag eines Israelis in Köln auf den Namen Michael Bodenheimer ausgestellt, berichtet der "Spiegel". Inzwischen fahndet Interpol nach elf Verdächtigen. Agenten in den Fernsehnachrichten — für jeden Geheimdienst der Welt ein Gau.
Dies gilt auch für Mossad-Chef Meir Dagan, der "Israels langen Arm" seit inzwischen acht Jahren führt. Unter der Leitung des ehemaligen Berufssoldaten schien der Mossad sein Image wieder aufpoliert zu haben. In den vergangenen Monaten wurde fast jeder mysteriöse Todesfall im Iran oder in der arabischen Welt Dagans Agenten angerechnet. Nach der Logik der Geheimdienste eine Erfolgsgeschichte.
Als Dagan im Jahr 2002 den Posten des Mossad-Chefs übernahm, war der Geheimdienst zutiefst verunsichert. Ende der neunziger Jahre waren mehrere Einsätze katastrophal misslungen. Agenten wurden aufgedeckt, verhaftet, Israel offiziell gedemütigt. Dagans Vorgänger war deswegen auf einen vorsichtigen Kurs bedacht. Er wollte Pannen auf jeden Fall vermeiden. Doch mit Dagan änderte sich diese Haltung drastisch.
Meir Dagan hat eine lange Todesliste
Vor allem im Iran sieht Dagan eine existentielle Bedrohung für den Staat Israel. Für den Sohn von Holocaust-Überlebenden, der 1945 in Sibirien geboren wurde, haben die Drohungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, Israel von der Landkarte zu tilgen, eine konkrete Bedeutung. In seinem Büro in Tel Aviv hängt ein Schwarzweiß-Foto von einem alten Mann, der vor einem Loch in der Erde kniet. Hinter ihm steht ein Nazi-Scherge, der ihm ins Genick schießt. Der Mann auf dem Foto ist angeblich Dagans Großvater.
Unter Dagan begnügte sich der Mossad nicht mehr damit, nur Informationen zu sammeln. Ungeklärte Flugzeugabstürze im Iran, bei denen Mitarbeiter des iranischen Atomprogramms ums Leben kamen, Explosionen in Kasernen und geheimen Fabriken — immer wird der Mossad verdächtigt.
Allein Dagan sei es zu verdanken, dass der Iran noch keine Atombombe besitze, schrieb eine ägyptische Zeitung. Kein Wunder, dass der Mossad jetzt auch im Fall Dubai ins Spiel kommt. Der Hamas-Mann passte nur allzu gut in Dagans lange Abschussliste. Auf das Hotel-Video sowie die peinlichen Anfragen aus Brüssel hätte Dagan indes gern verzichtet.