Hintergrund Jean-Marie Le Pen - der Rechtsextreme
Mit einem Donnerschlag rückte Jean-Marie Le Pen vor fünf Jahren ins Zentrum der Weltöffentlichkeit: Der Vorsitzende der rechtsextremistischen Nationalen Front schaffte am 21. April 2002 sensationell den Einzug in die Stichwahl um die französische Präsidentschaft. Der bullige Bretone, mehrfach wegen rassistischer und antisemitischer Äußerungen verurteilt, triumphierte, während Hunderttausende entsetzter Franzosen gegen ihn auf die Straße gingen.
In diesem Jahr trauen nur wenige Beobachter dem mittlerweile 78 Jahre alten Populisten einen ähnlichen Coup zu, wenngleich Le Pen von den Meinungsforschern immer wieder unterschätzt wird.
2002 stand der Wahlkampf ganz im Zeichen der Bekämpfung von Kriminalität und Verbrechen, was dem gewieften Rechtsextremisten mit seinen einfachen Parolen und simplen Antworten in die Hände spielte. Nunmehr lässt ihm der bürgerlich-konservative Kandidat, Exinnenminister Nicolas Sarkozy, als Vertreter von Law and Order nur wenig Platz am rechten Rand.
Die Einwanderung, so heißt es in seinem neuen Wahlprogramm, "ist die Ursache der meisten Übel, an denen unser Land leidet". Le Pen macht auch Front gegen die europäische Einigung und bezeichnete erst am Freitag die Euro als "Währung der Besatzung".
Le Pen, obwohl er seit fast zwei Jahrzehnten auf einen stabilen Wählersockel im zweistelligen Prozentbereich bauen kann, blieb mit seiner radikalen Rhetorik, seinen Hetzparolen gegen Ausländer, den Tiraden gegen das parlamentarische "System" ein Paria und Schmuddelkind der französischen Politik.
Das Mehrheitswahlrecht verhinderte, dass seine 1972 gegründete Nationale Front nennenswert im Parlament vertreten ist; der scheidende Präsident Jacques Chirac errichtete eine Brandmauer zwischen der bürgerlichen Rechten und Le Pens Radikalen.
Trotz aller Versuche vor allem seiner Tochter Marine Le Pen (l.), den Poltergeist zu entdämonisieren, ist er sich über die Jahrzehnte treu geblieben. Nicht er habe sich geändert, sondern die anderen Politiker hätten sich auf ihn zu bewegt, begründete er einmal seine Wahlerfolge.
Die Liste einer verbalen Ausfälle, die er oft kühl kalkuliert setzt, ist lang. In den 80er Jahren nannte er die Gaskammern ein "Detail in der Geschichte des Zweiten Weltkriegs", ein anderes Mal führte er Aids-Infektionen auf Sodomie zurück. Dann hetzt er wieder, die Franzosen müssten künftig mit gesenktem Blick durch die Straßen schleichen, denn wer einem Muslim in die Augen schaue, müsse mit "Dresche" rechnen.
Der Sohn eines bretonischen Fischers, der 1958 ein Auge bei einer Saalschlägerei einbüßte, zog freiwillig als Fallschirmjäger in den Indochina-Krieg und kämpfte in Algerien. Foltervorwürfe gegen ihn konnten nicht bewiesen werden.
Seine politische Karriere begann 1956 an der Seite des "Steuerrebellen" Pierre Poujade, für die er auch im Parlament saß. Seine Nationale Front machte in den 80er Jahren erstmals mit zweistelligen Wahlergebnissen auf sich aufmerksam, Le Pen erzielte bei der Präsidentschaftswahl 1988 fast 15 Prozent der Stimmen.
Ende der 90er Jahre schien er nach einem Bruderkampf mit seiner ehemaligen Nummer zwei, Bruno Mégret, am Ende zu sein. Er verlor auch noch sein passives Wahlrecht. Doch der 21. April 2002 wurde zur Sternstunde seiner politischen Laufbahn, die sich nun wohl langsam dem Ende nähert.