Jo Cox Tödlicher Angriff auf Politikerin schockiert Briten

London · Eine Woche vor dem Referendum über den britischen Verbleib in der EU ist die Labour-Abgeordnete Jo Cox (41) nach einem Angriff gestorben. Das teilte die Polizei mit.

Jo Cox: Abgeordnete in Nordengland erschossen
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Britische Abgeordnete in Nordengland erschossen

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Eine Politikerin der sozialdemokratischen Labour-Partei und Brexit-Gegnerin ist nach einem brutalen Angriff gestorben. Die britische Nation reagierte mit offener Bestürzung auf das Verbrechen in der nordenglischen Grafschaft Yorkshire. Jo Cox, die ihre erste Legislaturperiode im Unterhaus absolvierte und als eine der Hoffnungsträgerinnen bei Labour galt, wurde 41 Jahre alt. Sie hinterlässt Ehemann und zwei kleine Kinder. Die beiden politischen Lager im Brexit-Streit setzten nach Bekanntwerden der Tat den Wahlkampf für die am 23. Juni geplante Volksabstimmung vorerst aus.

Cox hatte sich für einen Verbleib ihres Landes in der EU stark gemacht. Sie galt zudem als glühende Verfechterin einer liberalen Flüchtlingspolitik und hatte sich wiederholt für die Aufnahme von Bürgerkriegsopfern aus Syrien eingesetzt.

Cox war zu Besuch in ihrem Wahlkreis, als sie von einem Mann mit einer Schusswaffe und einem Messer attackiert wurde. Sie starb später an ihren Verletzungen. Ein 52-Jähriger wurde in der Nähe des Tatorts festgenommen.

Die Tat ereignete sich um die Mittagszeit im Zentrum der kleinen Stadt Birstall, offenbar als Cox gerade ein Restaurant zum Mittagessen aufsuchen wollte. Medienberichten zufolge beobachteten Augenzeugen, wie ein Mann mehrere Schüsse auf die Politikerin abfeuerte und anschließend mit einem Messer auf sie einstach. Auch ein 77-jähriger Mann wurde angegriffen, er wurde nur leicht verletzt.

Kurz nach der Tat wurde ein 52-jähriger Mann festgenommen, die Polizei geht davon aus, dass es sich dabei um den Täter handelt. Von weiteren Tätern sei nicht auszugehen, teilte eine Sprecherin mit.

Nach britischen Medienberichten, die sich auf Augenzeugen beriefen, soll der Täter die Worte "Britain First" gerufen haben, als er festgenommen wurde. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht.
Im Wortsinn bedeuten die Worte "Großbritannien zuerst". Sie sind aber auch der Name einer rechtsradikalen Partei.

Es ist das erste Mal seit 26 Jahren, dass ein britischer Parlamentarier im Amt einem Verbrechen zum Opfer fällt. 1990 war der nordirische Abgeordnete der konservativen Tories, Ian Gow, von IRA-Terroristen getötet worden.

Premierminister David Cameron sagte seine für den Abend geplanten Wahlkampftermine in Gibraltar ab. Bei Twitter schrieb er: "Der Tod von Jo Cox ist eine Tragödie, sie war eine pflichtbewusste und sozial engagierte Abgeordnete. Meine Gedanken sind bei ihrem Ehemann Brendan und ihren beiden kleinen Kindern". Der Buckingham Palast kündigte an, Queen Elizabeth II. werde sich in einem privaten Schreiben an die Hinterbliebenen wenden. Im gesamten Land, darunter vor dem Parlamentsgebäude in London, fanden sich Menschen zu Trauerkundgebungen zusammen.

Führende Politiker aller Parteien zeigten sich entsetzt über die Bluttat, deren Hintergründe zunächst unklar waren. Der Ex-Bürgermeister von London und Brexit-Befürworter Boris Johnson schrieb: "Ich bin traurig und schockiert, von Jo Cox' Tod zu hören".

Auch Labour-Chef Jeremy Corbyn brachte seine Bestürzung per Twitter zum Ausdruck: "Die ganze Labour-Partei und Labour-Familie - und gewiss das ganze Land - werden angesichts dieses abscheulichen Mordes an Jo Cox heute schockiert sein."

Auch international herrschte Bestürzung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach von einem "tragischen Vorfall". Das US-Außenministerium zeigte sich "geschockt und entsetzt". Der Internationale Währungsfonds in Washington verschob eine für Donnerstag angesetzte Pressekonferenz zur Wirtschaftslage in Großbritannien. Die BBC ließ Fernsehsendungen, die sich mit dem Thema Brexit beschäftigen sollten, ausfallen.

Der Ehemann der Politikerin, Brendan Cox, betonte in einem Statement:
"Sie hätte sich jetzt vor allem zwei Dinge gewünscht. Erstens, dass unsere geliebten Kinder viel Liebe erfahren, und zweitens, dass wir uns alle zusammentun, um gegen den Hass zu kämpfen, der sie getötet hat. Hass hat keine Überzeugung, Ethnie oder Religion, er ist giftig."

(AFP/ap/dpa/isw)
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