Ukraine Kiew: Einigung mit Rebellen auf Abzug schwerer Waffen

Kiew · Während die Waffen im Osten der Ukraine vereinzelt immer noch sprechen, haben Aufständische und Regierungseinheiten in der umkämpften Ostukraine sich schriftlich auf den Abzug schwerer Waffen geeinigt.

Ukraine: Soldaten verlassen Debalzewe
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Ukrainische Soldaten verlassen Debalzewe

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Foto: afp, ss/tlr

"Das Papier wurde in der Nacht unterzeichnet. Alle haben zugestimmt und bekräftigt, dass die zweiwöchige Frist ab dem 22. Februar laufen soll", sagte Separatistensprecher Eduard Bassurin am Sonntag in Donezk. Der Abzug ist Teil eines Friedensabkommen, das die Konfliktparteien vergangene Woche in Minsk geschlossen hatten. Bereits zuvor hatten beide Seiten mit dem Austausch von insgesamt 200 Gefangenen Hoffnungen auf eine leichte Entspannung der Lage geweckt.

Überschattet wurde die Entwicklung aber durch eine Explosion in der Stadt Charkow im Nordosten der Ukraine, bei der ersten Berichten zufolge mindestens drei Menschen starben und etwa zehn verletzt wurden. Zu der Detonation sei es bei einer Gedenkveranstaltung für Soldaten gekommen, die gegen die prorussischen Separatisten kämpfen, berichtete der Fernsehsender "112". Das Innenministerium stufte die Explosion als Terroranschlag ein. Die Hintergründe waren aber zunächst unklar. Schon mehrfach war es in Charkow, der zweitgrößten Stadt des Landes, und in anderen mehrheitlich russischsprachigen Städten zu Anschlägen gekommen, bei denen meist nur Sachschaden entstanden war.

In der Hauptstadt Kiew begann unterdessen ein "Marsch der Würde" in Erinnerung an die Opfer der prowestlichen Massenproteste vor einem Jahr. Zu dem Gedenken hatte Präsident Petro Poroschenko mehrere Staatschefs anderer Länder eingeladen, darunter Bundespräsident Joachim Gauck. Poroschenko ging - eingehakt in Gaucks Arm - mit den Ehrengästen sowie Tausenden weiteren Teilnehmern an Gedenkstätten für die Opfer vorbei in Richtung Maidan (Unabhängigkeitsplatz).

Viele Teilnehmer schwenkten die ukrainische Nationalflagge, einige trugen Plakate mit der Aufschrift "Wir sind Europa". Im Zentrum der Millionenstadt waren 2014 bei den Protesten gegen den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch mehr als 100 Menschen getötet worden.

In Kiew warnte der Sprecher des Sicherheitsrats, Andrej Lyssenko, vor einer erneuten Verschärfung der Lage im Kriegsgebiet Donbass. Er warf Russland ein weiteres Mal vor, mit Soldaten und schwerer Technik in die Ostukraine eingedrungen zu sein. Insbesondere bei der Hafenstadt Mariupol seien Truppenkonzentrationen festgestellt worden. Moskau hatte die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier sieht trotz des brüchigen Waffenstillstands in der Ukraine Zeichen der Entspannung. Bei einem Besuch im Kenia verwies er auf Berichte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), wonach es im Osten der Ukraine zwar "wechselseitig zu Beschüssen" gekommen sei, aber auch Gespräche über den Rückzug schwerer Waffen gebe. Die Lage vor Ort werde beim Treffen mit den Außenministern aus Frankreich, Russland und der Ukraine am Dienstag in Paris eine Rolle spielen.

Weiter Gefechte gemeldet

Unterdessen haben prorussische Separatisten nach Angaben aus Kiew in der Nacht zum Sonntag zwölfmal den seit einer Woche geltenden Waffenstillstand verletzt. Die Rebellen hätten Artillerie und Raketen eingesetzt in einem Versuch, Stellungen des ukrainischen Militärs nahe der strategisch wichtigen Hafenstadt Mariupol zu stürmen, teilten Regierungsbeamte mit.

Explosionen waren den Angaben zufolge am frühen Sonntag zudem in der größten Rebellenhochburg Donezk zu hören. Die Rebellen meldeten ihrerseits auf einer Webseite, mehrere Gebäude seien in Donezk durch Artilleriefeuer beschädigt worden.

Trotz dieser wiederholten Verstöße gegen die jüngste Waffenruhe schien der Beschuss weniger intensiv als noch vor einer Woche. Die Einnahme von Mariupol würde es den prorussischen Rebellen erlauben, einen Landkorridor zwischen Russland und der im März annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim zu schaffen.

(dpa)
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