Proteste in der Ukraine Kiew: Parlament nimmt Demonstrationsverbote zurück

Kiew · Nach monatelangen Protesten hat die Opposition in der Ukraine wichtige Erfolge verbucht. Ministerpräsident Mykola Asarow reichte am Dienstag seinen Rücktritt ein, um eine politische Lösung des Konflikts zu ermöglichen. Das Parlament in Kiew nahm zudem die umstrittenen Gesetze zur Einschränkung des Demonstrationsrechts zurück.

Er habe Präsident Viktor Janukowitsch um seine Entlassung gebeten, um einen "politischen Kompromiss für eine friedliche Lösung des Konflikts" zu ermöglichen, erklärte Asarow. Er sprach in seiner Rücktrittserklärung von einer "persönlichen Entscheidung", die zur Bewahrung der "Einheit und Integrität der Ukraine" diene.

Oppositionsführer Vitali Klitschko sprach von einem Erfolg der Protestbewegung: "Seit mehreren Monaten haben wir gesagt, dass die Ereignisse auf den Straßen auch das Ergebnis der Politik der aktuellen Regierung sind. Dies ist nicht ein Sieg, sondern ein Schritt zum Sieg", sagte der Vorsitzende der Udar-Partei mit Blick auf die Rücktrittserklärung.

Janukowitsch hatte am Wochenende dem Oppositionsführer Arsenji Jazenjuk und Klitschko angeboten, die Posten des Ministerpräsidenten und des Vize-Ministerpräsidenten zu übernehmen,. Diese hatten es jedoch abgelehnt, unter Janukowitsch in einer Regierung zu dienen. Klitschko sprach damals von einem "vergifteten Angebot", das die Opposition spalten solle. Sie fordern den Rücktritt Janukowitschs und vorgezogene Neuwahlen.

Das Parlament stimmte unterdessen bei einer Sondersitzung für die Aufhebung der umstrittenen Gesetze, mit denen vor zwei Wochen das Demonstrationsrecht drastisch verschärft worden war. 361 Abgeordnete votierten für die Annullierung der Vorschriften, nur zwei stimmten dagegen, wie im Fernsehen zu sehen war. Am Vorabend hatte Janukowitsch nach Gesprächen mit der Opposition angekündigt, dass das Parlament die umstrittenen Gesetze zurücknehmen werde.

Die im Schnellverfahren erlassenen Gesetze, die Strafen etwa für das Tragen von Helmen, das ungenehmigte Errichten von Bühnen oder das Besetzen öffentlicher Gebäude vorsehen, hatten zu einem erneuten Anschwellen der seit November andauernden Proteste geführt. Diese schlugen in der Folge teilweise in Gewalt um. Im Zentrum von Kiew gab es heftige Straßenschlachten, radikale Demonstranten errichteten Barrikaden und besetzten Ministerien.

Zu Beginn der Parlamentssitzung am Dienstag stimmten die Abgeordneten die Nationalhymne an, bevor sie eine Schweigeminute im Gedenken an die bei den Protesten getöteten Demonstranten abhielten. Das Parlament soll auch über eine Amnestie für festgenommene Demonstranten beraten. Im Gespräch ist zudem die Einsetzung einer Kommission zur Änderung der Verfassung, die nach Ansicht der Opposition dem Präsidenten zu viel Macht gibt.

Bedingung für die Amnestie ist allerdings, dass sich die Aktivisten aus besetzten Ministerien zurückziehen und ihre im Zentrum mittlerweile allgegenwärtigen Barrikaden abbauen. In Kiew nahmen am Dienstag tausende Demonstranten auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz an einem Gottesdienst teil. Die Proteste dehnten sich zuletzt auch zunehmend auf die Provinzen aus. Regierungsgegner hielten am Dienstag in zehn der 25 Provinzen die Lokalverwaltung besetzt.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte die Hoffnung, dass der Rücktritt Asarows den Weg für eine politische Lösung in dem Konflikt mit der Opposition ebnen könne. Die Ukraine bestimmte auch den Gipfel der EU-Führung mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser sollte sich in Brüssel auch mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton treffen, die anschließend zu einer Vermittlungsmission nach Kiew reisen sollte.

Die Proteste waren Ende November durch die überraschende Entscheidung der Regierung ausgelöst worden, ein über Jahre mit der EU ausgehandeltes Assoziierungsabkommen nicht zu unterzeichnen.
Dies geschah offenbar auf massiven Druck Moskaus.

(dpa)
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