Proteste gegen die Regierung in der Ukraine Vitali Klitschko ruft Demonstranten zum Durchhalten auf

Kiew · Nach einer Massenkundgebung in Kiew mit gewalttätigen Ausschreitungen haben tausende Regierungsgegner die Nacht zum Montag in Zelten auf dem Unabhängigkeitsplatz im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt verbracht. Opositionsführer und Boxweltmeister Vitali Klitschko rief die Demonstranten dazu auf, die Kontrolle über die Innenstadt nicht aufzugeben.

Vitali Klitschko spricht in Kiew zu Demonstranten
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Vitali Klitschko spricht in Kiew zu Demonstranten

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"Wir müssen jeden im Land mobilisieren und dürfen die Initiative nicht verlieren", rief Klitschko den Demonstranten zu, die den Präsidenten Viktor Janukowitsch stürzen wollen. Klitschko steht an der Spitze der Partei Udar (Ukrainische Demokratische Allianz für Reformen, die Abkürzung bedeutet zugleich "Schlag"). Er gilt als einer von Janukowitschs stärksten Herausforderern bei der für März 2015 angesetzten Präsidentschaftswahl.

Der Chef der rechtsextremen Swoboda-Partei (Freiheitspartei), Oleh Tyagnybok, erklärte: "In der Ukraine beginnt eine Revolution. Wir errichten eine Zeltstadt auf dem Majdan (Unabhängigkeitsplatz) und starten einen nationalen Streik." Seine Äußerungen wurden live von ukrainischen und russischen Fernsehsendern übertragen.

Klitschko und Tyagnybok bilden zusammen mit der Vaterlandspartei der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko ein oppositionelles Dreierbündnis namens Aktionsgruppe des nationalen Widerstands. Dieses will Janukowitsch zu Fall bringen und die Ukraine wieder auf einen europafreundlicheren Kurs bringen. Mit einem Generalstreik will das Bündnis Neuwahlen erzwingen.

Rasmussen wies in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung darauf hin, dass viele Ukrainer weiterhin ihre Unterstützung für engere Verbindungen zur Europäischen Union zum Ausdruck brächten. Überall sei es das Recht des Volkes, seine Ansichten auf demokratische Weise auszudrücken. Gewalt sei jedoch "in einer demokratischen Gesellschaft kein gutes Mittel zur Austragung politischer Differenzen". Kiew sei aufgefordert, seine "internationalen Verpflichtungen in Sachen Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzuhalten".

Die Außenminister Polens und Schwedens, Radoslaw Sikorski und Carl Bildt, bekundeten in einer gemeinsamen Erklärung ihre Solidarität mit den Demonstranten. Die US-Außenamtssprecherin Psaki rief die ukrainische Führung dazu auf, das Recht auf Meinungsfreiheit zu achten. "Gewalt und Einschüchterung sollten in der heutigen Ukraine keinen Platz haben", erklärte sie.

Auf dem Unabhängigkeitsplatz hatten sich am Sonntag ungeachtet eines bis zum 7. Januar geltenden Kundgebungsverbots rund 100.000 Anhänger der Opposition versammelt. Am Rande der Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen, bei denen nach Polizeiangaben hundert Polizisten verletzt wurden. Der Stadtverwaltung zufolge mussten sich auch fast 50 Demonstranten wegen Verletzungen behandeln lassen. Einige Dutzend Swoboda-Mitglieder besetzten ein leer stehendes Gebäude der Stadtverwaltung und hängten eine ukrainische Fahne aus einem Fenster.

In der Stadt Lwiw in der Westukraine beteiligten sich etwa 50.000 Janukowitsch-Gegner an einer Kundgebung. In Donezk, der russischsprachigen östlichen Heimatregion des Präsidenten, trotzten 250 Menschen einem Demonstrationsverbot. Seit Tagen demonstrieren Befürworter einer stärkeren Annäherung an die EU gegen Janukowitsch.

Die Ukraine befindet sich in der tiefsten politischen Krise seit der sogenannten Orangenen Revolution von 2004. Janukowitsch hatte die für Freitag geplante Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens mit der EU kurzfristig abgesagt, nachdem Russland mit Handelsstrafen gedroht hatte.

(AFP)
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