Nordkoreas Machthaber kündigt radikale Wende an Kim Jong Un tritt aus dem Schatten seines Vaters

Seoul · Seit der Machtübernahme von seinem Vater Kim Jong Il vor gut einem Jahr blieb Kim Jong Un eher unscheinbar. Doch nun hat Nordkoreas Machthaber für einen Paukenschlag gesorgt. In einer Neujahrsansprache kündigte er überraschend eine "radikale Wende" in der Politik des hermetisch abgeschotteten Landes an.

Kim Jong Uns wundersame Wandlung zum Diktator zum Anfassen
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Mit seiner vom Fernsehen übertragene Audioansprache war Kim Jong Un der erste nordkoreanische Machthaber seit 1994, der sich direkt ans Volk wandte — zuletzt hatte dies sein Großvater Kim Il Sung getan. Auch inhaltlich setzte er sich von seinem Vater ab. 2013 werde ein Jahr "großer Erfindungen und Veränderungen" sein, es werde "eine radikale Wende" geben. Mit einer Beendigung der Konfrontation zwischen Nord- und Südkorea könne "die Teilung des Landes beendet und seine Wiedervereinigung erreicht werden".

Zwar verwies Kim zugleich auf die Bedeutung militärischer Stärke für das Land. Aber während sein Vater sich ausschließlich auf den Ausbau der Streitkräfte konzentrierte, während Millionen Nordkoreaner mangelernährt waren, gestand Kim indirekt die schlechten Lebensumstände der Bevölkerung ein. Nordkorea solle ein wirtschaftlicher Riese werden, der Lebensstandard der Menschen müsse verbessert werden, sagte er.

Der zunächst mysteriöse Nachfolger

Kurz nach dem Tod seines Vaters am 17. Dezember 2011 war Kim Jong Un zu dessen Nachfolger ausgerufen worden. Bis dahin war er nahezu unbekannt. Im September 2010 waren erstmals Bilder von ihm an der Seite seines Vaters veröffentlicht worden.

Damals wurde er zum Vier-Sterne-General befördert und mit wichtigen Parteiämtern ausgestattet — sein Vater hatte nach einem Schlaganfall zwei Jahre zuvor seinen jüngsten Sohn systematisch auf die Nachfolge vorbereitet. Als Kim Jong Un — noch keine 30 Jahre alt — an die Macht kam, stützte er sich Experten zufolge zunächst auf die Berater seines Vaters.

Außer in Nordkorea gibt es nur in der Schweiz eine Handvoll Menschen, die mit Kim Jong Un schon einmal zu tun hatten — oder es zumindest glauben. Im Juni 2010 gelangte ein Klassenfoto einer Privatschule bei Bern von 1999 an die Öffentlichkeit, das den damals 16-Jährigen zeigen soll. Er soll dort von 1996 bis 2001 unter falschem Namen zur Schule gegangen sein.

Medienberichten zufolge spielte Kim in der Schweiz gern Basketball und zeichnete Comics; Klassenkameraden erinnerten sich an einen schüchternen Jungen mit einer Vorliebe fürs Skifahren und den Actionhelden Jean-Claude Van Damme.

Ähnlichkeiten mit dem Großvater

Nach Presseberichten besuchte Kim Jong Un anschließend die Militärakademie in Pjöngjang. Äußerlich ähnelt der Machthaber vor allem seinem Großvater, dem verehrten Staatsgründer Kim Il Sung — das gleiche runde Gesicht, ein ähnlich kurzer Haarschnitt.

Privates ist über Kim kaum bekannt — allerdings bestätigte die nordkoreanische Staatsführung im vergangenen Juli offiziell, dass er verheiratet ist. Zuvor hatte die Öffentlichkeit wochenlang gerätselt, wer die junge Frau sei, die auf Fotos an der Seite des Machthabers zu sehen war.

Bei seinen öffentlichen Auftritten gibt sich Kim lockerer als sein stets ernst blickender Vater — er lächelt viel, nimmt Kinder in den Arm oder plaudert mit Soldaten. Doch das waren bisher eher belanglose Gesten. Sollte Kim seine Neujahrs-Ankündigungen wahr machen, wäre das wirklich eine radikale Wende.

(AFP/das/csi)
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