Großbritannien Koalition nach Brown-Rücktritt wieder offen

London (RPO). Nach der überraschenden Rücktrittsankündigung des britischen Premierministers Gordon Brown ist die Frage, wer die künftige Regierungskoalition in London stellt, wieder offen. Unterhändler von Browns Labour-Partei wollen noch am Dienstag formelle Verhandlungen mit den Liberaldemokraten von Nick Clegg aufnehmen. Die Konservativen versuchten, Cleggs Partei mit weiteren Konzessionen doch noch für sich zu gewinnen.

Gordon Brown - ein Mensch mit Macken
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Brown hatte am Montag unerwartet die Verantwortung für die Niederlage bei der Unterhauswahl am vergangenen Donnerstag übernommen und angekündigt, zum Herbst sein Amt als Labour-Vorsitzender niederzulegen. Bis zum Parteitag im September soll demnach ein Nachfolger gefunden werden. Er wolle damit den Weg für Koalitionsgespräche zwischen Labour und den Liberaldemokraten freimachen, sagte Brown.

Die Liberaldemokraten waren als drittstärkste Kraft aus der Parlamentswahl hervorgegangen, werden aber als Mehrheitsbeschaffer gebraucht, da sowohl die Konservative Partei von David Cameron als auch Labour die absolute Mehrheit verfehlten. Clegg hatte im Vorfeld ein Bündnis mit Labour ausgeschlossen, sollte Brown Parteichef bleiben. Am Montag hofften die Konservativen deswegen noch auf einen baldigen Durchbruch bei den Gesprächen mit den Liberaldemokraten, obwohl diese programmatisch Labour viel näher stehen.

Clegg begrüßte Browns Entscheidung. Laut einem BBC-Bericht hatte sich der Parteichef der Lib Dems bereits zuvor mit dem amtierenden Premier getroffen. Noch am späten Abend begannen beide Seiten mit Sondierungsgesprächen. Aus den Parteien verlautete anschließend, es gebe Hoffnung auf eine Einigung am Dienstag.

Der Chefunterhändler der Tories, William Hague, ging umgehend zum Gegenangriff über. Um die Liberaldemokraten doch noch ins Boot zu holen, bot er ihnen ein Referendum über eine Wahlrechtsreform an. Bislang hatten die Tories eine Änderung des Wahlrechts - ein Kernanliegen der Lib Dems - strikt abgelehnt. In Großbritannien gilt das reine Mehrheitswahlrecht: Es benachteiligt die kleineren Parteien, während die großen davon profitieren.

Die Konservativen stellen die meisten Abgeordneten im Parlament. Für eine alleinige Regierungsbildung fehlen ihnen aber 20 Mandate. Bei Labour und Liberaldemokraten kommen nicht einmal gemeinsam auf die notwendige absolute Mehrheit, sie wären für eine Koalition auf die Unterstützung kleinerer Regionalparteien angewiesen.

Mit seinem Verzicht eröffnete Brown seiner Labour-Partei dennoch eine Chance, nach 13 Jahren weiter an der Regierung zu bleiben. In den Wettbüros wurde der amtierende Außenminister David Miliband bereits als sein Nachfolger gehandelt.

(AFP/born)
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