Niederlande Königin Beatrix schaltet sich in Regierungskrise ein

Den Haag (RPO). Nach dem Bruch der niederländischen Regierung will Königin Beatrix am Montag mit den Koalitionsparteien Krisengespräche führen. Regierungschef Jan Peter Balkenende reichte am Wochenende den Rücktritt seines Kabinetts ein, nachdem 16-stündige Gespräche keine Einigung über eine Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes gebracht hatten. Laut Innenminister Vincent van Steen dürfte es spätestens im Juni vorgezogene Neuwahlen geben.

Niederlande: Königin Beatrix schaltet sich in Regierungskrise ein
Foto: ddp

Nach Angaben des Palastes will die Königin, die am Wochenende noch im Urlaub in Österreich weilte, am Montag Balkenende und seine beiden bisherigen Koalitionspartner, Wouter Bos von den Sozialdemokraten (PvdA) und André Rouvoet von der der Christen-Union (CU), in Den Haag treffen.

Nach Einschätzung eines Sprechers des Innenministeriums wird die Königin zu dem Schluss kommen, dass die Koalition nicht mehr regierungsfähig ist. Sie werde deshalb das Kabinett auflösen und Neuwahlen ausrufen. Innenminister Van Steen ging davon aus, dass es innerhalb der nächsten Wochen, "spätestens aber im Juni" Neuwahlen geben wird. Bis zu einer Entscheidung werden voraussichtlich Politiker von CDA und CU die Posten der ausgeschiedenen Sozialdemokraten übernehmen.

Balkenende hatte nach dem nächtlichen Gesprächsmarathon über Afghanistan gesagt, aus seiner Sicht gebe es für die Zukunft keinen "fruchtbaren Weg" der Zusammenarbeit zwischen seinen Christdemokraten (CDA), Christen-Union und Sozialdemokraten. Auf die Sozialdemokraten gemünzt konstatierte Balkenende am Samstag, es habe zuletzt "Erklärungen" gegeben, die jüngsten Kabinettsbeschlüssen zuwider gelaufen seien und die "Einheit" der Koalition geschädigt hätten.

PvdA-Chef und Finanzminister Bos erklärte, seine Partei büße ihre Glaubwürdigkeit ein, wenn sie weiter in der Regierungskoalition bliebe. Es gebe "keine guten Gründe" für eine Verlängerung des Afghanistan-Mandats der niederländischen Truppen, bekräftigte der Vize-Regierungschef.

Die Koalitionspartner konnten ihren seit Monaten schwelenden Streit über die Anfrage der NATO nicht beilegen, den Afghanistan-Einsatz der niederländischen Truppen bis zum August 2011 zu verlängern. Während sich Balkenende dem Drängen von NATO und USA nicht widersetzen mochte, bestanden die Sozialdemokraten darauf, die Soldaten wie geplant noch in diesem Jahr abzuziehen.

Für Empörung bei den Christdemokraten sorgte in der vergangenen Woche die Erklärung von Bos, seine Partei werde eine Verlängerung des Afghanistan-Mandats nicht mittragen. In einer Parlamentsdebatte wurde dem PvdA-Chef vorgeworfen, er wolle mit seiner Haltung die Zustimmungswerte seiner Partei verbessern, die kurz vor den Kommunalwahlen Anfang März in einem Tief stecken.

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders zeigte sich erfreut über den Koalitionsbruch. Diese Regierung habe es "nicht verdient, noch einen Tag länger zu regieren", sagte der Gründer der Partei für die Freiheit (PVV) in Den Haag.

Die niederländische Armee ist seit 2006 in der südafghanischen Unruheprovinz Urusgan im Einsatz, das Mandat wurde schon einmal verlängert. Derzeit sind 1950 niederländische Soldaten dort, 21 Soldaten kamen bei dem Einsatz bisher ums Leben. Anfang Februar bat NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen die Regierung in Den Haag, auch nach Ende des jetzigen Mandats im Sommer mit einer Ausbildungseinheit in Urusgan zu bleiben.

Balkenendes Mitte-links-Bündnis regierte seit drei Jahren. Balkenende war bereits Chef von vier Regierungen binnen acht Jahren, seine Koalitionen zerbrachen immer vorzeitig.

(AFP/sdr)
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