Wladimir Putin zu Gast im Reich der Mitte Konflikt mit USA lässt China und Russland zusammenrücken

Shanghai · Die neuen US-Spionagevorwürfe gegen China belasten das Verhältnis zwischen Peking und Washington. Experten sehen einen neuen Tiefpunkt. China und Russland kommen sich umso näher. Schließlich ist auch die Stimmung zwischen Moskau und Washington angesichts der Ukraine-Krise nicht die beste.

 Freundliche Gesten zwischen Xi Jinping und Wladimir Putin beim Besuch des russischen Präsidenten in Shanghai.

Freundliche Gesten zwischen Xi Jinping und Wladimir Putin beim Besuch des russischen Präsidenten in Shanghai.

Foto: ap

Mit einer zackigen Bewegung lässt der Offizier seinen Säbel durch die Luft sausen. In Reih und Glied haben sich die Soldaten aus China und Russland für den russischen Präsidenten Wladimir Putin und den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping am Dienstag in Shanghai aufgebaut. 14 Kriegsschiffe, zwei U-Boote, neun Flugzeuge und Hubschrauber stehen bereit, berichtet der Moderator im chinesischen Staatsfernsehen stolz. Dann kommt das Signal, und die siebentägige Übung im Ostchinesischen Meer kann beginnen.

Xi Jinping zeigt sich lächelnd im Staatsfernsehen. Stunden zuvor hat er von den Anklagen der USA gegen fünf mutmaßliche Hacker der Volksbefreiungsarmee erfahren. Das Vorgehen des US-Justizministeriums wird in Peking als Affront aufgefasst. Während das Verhältnis zwischen Peking und Washington weiter Schaden nimmt, steht mit Kremlchef Putin ein gesprächsoffener Partner für Xi bereit.

Vor rund einem Jahr schlenderten US-Präsidenten Barack Obama und Xi Jinping noch in versöhnlicher Zweisamkeit durch die Sonne in Kalifornien. Heute ist es kaum vorstellbar, dass sich die beiden mächtigen Staatsführer noch vergangenen Sommer so harmonisch getroffen haben. "Die Beziehungen sind auf jeden Fall an einem neuen Tiefpunkt angelangt", sagt der renommierte Professor Shi Yinhong von der Volksuniversität in Peking.

Anfangs noch Kritik am Vorgehen Moskaus

Stück für Stück hat sich das Verhältnis zwischen Peking und Washington seither verschlechtert. Chinas Führung war sehr enttäuscht, dass Obama bei seiner Asienreise vergangenen Monat China aussparte. Als der US-Präsident dann auch noch die Sicherheitsallianz mit Chinas Rivalen Japan beim Besuch in Tokio bekräftigte, war die Pekinger Führung sauer. Seit die USA in dem Konflikt zwischen China und Vietnam um eine chinesische Ölplattform Peking aggressives Vorgehen vorwarfen, verschlechterte sich das Verhältnis weiter.

Nun finden China und Russland als Gegner der USA zusammen. "China und Russland haben gemeinsame Werte. Sie sind beispielsweise beide nicht mit der Hegemonie der USA zufrieden", sagt Shi Yinhong. Das lässt sie auch Probleme überwinden.

Denn Peking war anfangs über Russlands Vorgehen in der Ukraine verärgert. Ganz offen verletzte Putin auf der Krim das von China hochgehaltene Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Aber seit das Bündnis mit Moskau immer wichtiger wird, redet in Peking kaum noch jemand von Verstimmungen.

Ganz im Gegenteil. Hinter verschlossenen Türen schwärmen Diplomaten von dem guten persönlichen Verhältnis zwischen Putin und Xi. Im Gegensatz zu den Treffen mit vielen anderen Staatschefs kommen die beiden offenbar sehr gut miteinander aus.

China als Gewinner der Krise?

Gleichzeitig eröffnet die Lage in der Ukraine China ganz neue Optionen. China mausert sich zum großen Gewinner der Krise, findet Moritz Rudolf vom Mercator Institut für China-Studien (MERICS). "Die chinesische Führung betreibt in dem Konflikt eine Schaukelpolitik zwischen Europa und Russland um maximale Vorteile und Spielräume."

Auf der einen Seite bauen chinesische Staatsunternehmen auf der Krim Schnellstraßen, Brücken und Wohnungen. Auf der anderen Seite zeigt sich Peking auch für europäische Positionen offen und empfängt Bundeskanzlerin Angela Merkel Anfang Juli.

Nach den neuen Vorwürfen wegen chinesischer Internetspionage aus den USA stehen Peking und Moskau eng zusammen. Demonstrativ veröffentlichten Xi und Putin am Dienstag eine gemeinsame Erklärung, in der sie sich gegen den Missbrauch moderner Informationstechnologie zum Ausspähen der Bürger in der Welt aussprachen. Ein internationales Abkommen sei nötig.

Spätestens seit den Enthüllungen über die massenhafte Internetausspähung des US-Geheimdienstes NSA nimmt Peking die Vorwürfe aus den USA ohnehin nicht mehr erst. Und so unterstellte ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums den Amerikanern nach den jüngsten Anschuldigungen umgehend "Scheinheiligkeit".

(dpa)
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