Russlands Präsident greift durch Wladimir Putin schwimmt auf der patriotischen Welle

Moskau · Nach der Annexion der Krim nutzt der Kreml die patriotische Strömungen, um die Schrauben weiter anzuziehen und hart durchzugreifen: Kritische Webseiten werden blockiert, Chefredakteure entlassen, Medien gleichgeschaltet.

Die ukrainische Marinebasis auf der Krim ist nun russisch
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Ein renommierter Historiker, der die aggressive Politik Russlands in der Ukraine mit der Einverleibung Österreichs und des Sudetenlandes durch Nazi-Deutschland verglichen hat, verliert dafür seinen Lehrstuhl. Und ein neuer Gesetzentwurf sieht Gefängnisstrafen für Beamten vor, wenn sie die Erlasse des Präsidenten nicht befolgen.

Die russische Internetseite "Jeschednewny Journal" war bisher ein Forum für liberale und kremlkritische Essays zur aktuellen Politik. Wer dieser Tage in Russland versucht, die Seite ej.ru aufzurufen, sieht auf dem Bildschirm die Mitteilung: "Diese Seite wurde auf Beschluss der Behörden blockiert." Seit dem 13. März hat die Telekommunikations-Aufsichtsbehörde den Zugang gesperrt.

Gesetz macht Zensur möglich

Die Begründung: Die Seite enthalte "Aufrufe zu ungesetzlichen Handlungen und zu Massenveranstaltungen, die die öffentliche Ordnung stören können". Auch zwei weitere kritische Webseiten, das Portal des Schachweltmeisters Garry Kasparow und das Nachrichtenportal "grani.ru" wurden gesperrt. Ein neues Gesetz, das in Russland seit dem 1. Februar gilt, macht diese Zensur möglich. Es erlaubt das Blockieren von Webseiten ohne Vorwarnung, wenn die Staatsanwaltschaft es beschlossen hat.

Seit der Annexion der Krim ist klar, dass Russlands Mächtige den Flirt mit westlichen Werten endgültig für beendet halten. Während die Popularitätswerte von Präsident Wladimir Putin in die Höhe schießen, beginnt im Inneren das Kesseltreiben. So wurde bei dem Nachrichtenportal Lenta.ru kürzlich die Mitbegründerin und Chefredakteurin Galina Timotschenko abgelöst und durch einen kommoderen Nachfolger ersetzt.

Für viel Wirbel in der Öffentlichkeit sorgt das Schicksal des renommierten Historikers und Religionswissenschaftlers Andrej Subow. Der Autor einen Standardwerkes über die russische Geschichte des 20. Jahrhunderts verlor seinen Lehrstuhl an der Moskauer Diplomatenschule MGIMO. In der Begründung des Instituts dazu heißt es, "die vielfältigen Äußerungen Subows zu den Ereignissen in der Ukraine und der russischen Außenpolitik rufen Besorgnis und Universitätskreisen hervor".

Vergleich mit Nazi-Deutschland

Der Wissenschaftler selbst ist überzeugt, dass der Stein des Anstoßes ein Beitrag in der kremlkritischen Zeitung "Vedomosti" Anfang März war. Darin hatte er die russische Militär-Invasion auf der Krim mit dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland verglichen und vor den Folgen der aggressiven Politik gewarnt.

Welcher Geist die russische politische Elite derzeit erfasst hat, zeigt ein Gesetzesentwurf, über den die Duma in der kommenden Woche abstimmen soll. Darin ist vorgesehen, den Punkt "Fahrlässigkeit" im Strafgesetzbuch um den Aspekt "Nicht-Ausführung präsidialer Erlasse" zu erweitern. Beamte, denen dieses Vergehen zur Last gelegt wird, sollen künftig mit einer Geldbuße oder mit einer Haftstrafe von bis zu drei Monaten belegt werden. Die Autoren des Gesetzentwurfs bemängeln, gegenwärtig würden nur etwa 15 Prozent von Putins Anweisungen umgesetzt.

(hei)
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