Krim-Krise im Ticker-Protokoll vom Samstag Donezk: Tausende skandieren "Referendum! Referendum!"

Kiew · Vor dem Referendum droht die Krim-Krise zu eskalieren. Nach Angaben aus Kiew haben 80 russische Soldaten ein Gebiet außerhalb der Krim besetzt. Die Ukraine droht, die "Invasion mit allen Mitteln zu stoppen." Auch in der Ost-Ukraine fordern Demonstranten den Anschluss an Russland. Die Ereignisse des Samstags im Ticker-Protokoll.

Krim-Krise: Der Tag vor dem Referendum
10 Bilder

Krim-Krise: Der Tag vor dem Referendum

10 Bilder

+++ Ukraine wirft Russland militärische Invasion vor
+++ Scharmützel zwischen Russen und ukrainischen Truppen an der Grenze
+++ Kiew erklärt Parlament auf der Krim für aufgelöst
+++ Demonstranten in Donezk fordern Anschluss an Russland

+++ 21.38 Uhr: Der Europarat hält das Referendum über den zukünftigen Status der Krim für nicht verfassungsgemäß ist. Die für Sonntag anberaumte Volksabstimmung auf der ukrainischen Halbinsel sei nach einer Rechtsprüfung der Venedig-Kommission mit "Verfassungprinzipien und demokratischen Standards nicht vereinbar".

+++ 20.46 Uhr: Die Auflösungserscheinungen in der Ukraine greifen um sich. Am Abend fordern mehr als 5000 Demonstranten in der Großstadt Donezk im Osten der Ukraine die Angliederung an Russland. Die Demonstranten versammelten sich auf dem Lenin-Platz und skandierten "Referendum! Referendum!" Jugendliche kletterten auf das Gebäude des Inlandsgeheimdienstes SBU, holten die ukrainische Flagge ein und hissten stattdessen eine Flagge mit den russischen Farben und der Aufschrift "Republik Donezk".

+++ 19.48 Uhr: Gegen den entmachteten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch besteht in der Schweiz der Verdacht der Geldwäsche. Die Bundesanwaltschaft gehe Hinweisen nach, nach denen Janukowitsch "und sein Umfeld" in Korruption und Geldwäsche verstrickt sein könnten, erklärte eine Sprecherin am Samstag.

+++ 18.13 Uhr: Ein Sprecher von Russlands Präsident Wladimir Putin sagt, es werde wegen der Ukraine sicher keinen "Kalten Krieg" mit dem Westen geben. Beide Seiten seien wirtschaftlich voneinander abhängig. Der Westen werde hoffentlich schlau genug sein, eine noch stärkere Konfrontation zu verhindern.

+++ 17.42 Uhr: Die Ukraine wirft Russland eine miltärische Invasion in einer Region außerhalb der Krim vor. Wie das Außenministerium in Kiew am Samstag mitteilte, drangen 80 Soldaten mit Hubschraubern und gepanzerten Fahrzeuge in das Dorf Strilkowe ein, das vor der Nordostküste der Krim auf einer Landzunge liegt. Das Außenministerium forderte einen "sofortigen Rückzug" der Truppen und drohte damit, die "militärische Invasion Russlands mit allen Mitteln zu stoppen".

+++ 17.38 Uhr: Die sieben wichtigsten westlichen Industriestaaten (G7) bereiten nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" bereits ein Gipfeltreffen ohne Russland vor. Die britische Regierung habe London als alternativen Treffpunkt zum russischen Sotschi vorgeschlagen, sollte Moskau in der Ukraine-Krise nicht einlenken.

+++ 17.01 Uhr: Der ukrainische Grenzschutz hat Russland vorgeworfen, eine Gasanlage außerhalb der Krim besetzt zu haben. 120 Soldaten hätten die Verteilerstation in Strelkowa am Samstag in ihre Gewalt gebracht, sagte ein Sprecher. Es wäre damit die erste russische Militäraktion auf ukrainischem Gebiet außerhalb der Krim.

+++ 16.58 Uhr: Zehntausende Menschen haben heute in der Innenstadt von Moskau gegen die russische Regierung und das Krim-Referendum protestiert.

+++ 16.54 Uhr: Die frühere ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko hat den Westen zu einer härteren Gangart gegenüber Russlands Staatschef Wladimir Putin aufgefordert. "Dieses aggressive Machtstreben gegenüber der Ukraine birgt nicht nur eine Gefahr gegenüber dem ukrainischen Staat, auch andere Teile Osteuropas sind gefährdet", sagte die Politikerin, die derzeit in Berlin wegen eines Rückenleidens behandelt wird, dem "Tagesspiegel am Sonntag".

+++ 16.35 Uhr: Die Übergangsregierung in der Ukraine warnt: "Es besteht jetzt die reale Gefahr einer (russischen) Invasion", erklärte der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow am Samstag vor dem Parlament in Kiew. Neue Zusammenstöße zwischen prorussischen Kräften und radikalen Nationalisten im Osten des Landes seien das Werk von "Agenten des Kremls" und gezielte "Provokationen".

+++ 16.30 Uhr: Russland lehnt einen Entwurf für eine Resolution des UN-Sicherheitsrates ab, in dem das für Sonntag geplante Referendum der Krim-Bevölkerung über einen Anschluss an die Russische Föderation für ungültig erklärt wird. Das russische Veto war erwartet worden.

+++ 16.05 Uhr: Russland will angebliche Hilfsanfragen friedlicher Bürger aus der Ukraine prüfen. Es gebe "alarmierende Informationen", dass militante bewaffnete Gruppen Donezk, Charkiw und Ligansk verließen, um eine "Ost-Front" aufzumachen, teilte das Außenministerium in Moskau mit.

+++ 16.02 Uhr: Der US-Flugzeugträger "Truxtun" wird zusammen mit Schiffen der Verbündeten ein weiteres Manöver im Schwarzen Meer abhalten. Das teilt der Kommandeur des Kriegsschiffes mit.

+++ 15.58 Uhr: Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping hat der Bundesregierung vorgeworfen, den Konflikt in der Ukraine zu unterschätzen. Sie verharmlose die Beteiligung der rechtspopulistischen Partei Swoboda an der Übergangsregierung in Kiew, sagte Kipping am Samstag auf dem Landesparteitag der sächsischen Linken in Dresden. "Und das ist verantwortungslos."

+++ 15.29 Uhr: Das ukrainische Militär hat einen Versuch russischer Truppen abgewehrt, in die an die Krim angrenzende Region einzudringen. Das teilt das ukrainische Verteidigungsministerium mit.

+++ 15.13 Uhr: Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat am Samstag ein Flugzeug mit Hilfsgütern in die Ukraine geschickt. Wie das DRK mitteilte, waren an Bord zwei Krankenwagen, ein Transporter, Decken und Erste-Hilfe-Rucksäcke. Außerdem liefere das Flugzeug mit Ziel Donezk Sanitätsmaterial für etwa 10.000 Menschen. In der Ukraine komme es wegen der Krise auch zu Engpässen bei der medizinischen Versorgung, sagte DRK-Präsident Rudolf Seiters. Das treffe zuerst die Schwächsten der Gesellschaft: Arme, Alte, Kranke und Kinder. Das Auswärtige Amt finanziert die Kosten des Flugs von 320.000 Euro.

+++ 14.41 Uhr: Nach "FAZ"-Informationen stehen 8000 bis 10.000 ukrainische Soldaten auf der Krim einer Übermacht von mindestens 20.000 russischen Soldaten gegenüber. NATO-Sicherheitskreise hätten dies bestätigt und erklärt, dass 60 ukrainische Kriegsschiffe in den abgeriegelten Krim-Häfen festgesetzt worden seien. Die Halbinsel und ihre strategisch bedeutsamen Marine-Stützpunkte werden faktisch von Moskau kontrolliert.

+++ 13.57 Uhr: Zehntausende haben in Moskau bei einer Anti-Kriegs-Kundgebung gegen die Politik des Kremlchefs Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt protestiert. "Hände weg von der Ukraine!" und "Schluss damit, Schande über Russland zu bringen!" war auf den Transparenten am Samstag zu lesen. Unter den Demonstranten waren auch prominente Putin-Gegner wie der frühere Vize-Regierungschef Boris Nemzow und die Aktivistinnen der Punkband Pussy Riot.

+++ 13.29 Uhr: Das ukrainische Parlament hat einen Tag vor dem Referendum auf der Krim über einen Anschluss an Russland das Parlament der Halbinsel für aufgelöst erklärt. Die Abstimmung der Rada in Kiew am Samstag gilt als symbolischer Akt eines Protestes gegen den Krim-Volksentscheid. Die prorussische Führung der Schwarzmeerhalbinsel erkennt nach dem Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch die neue Regierung in Kiew nicht an.

+++ 13.02 Uhr: Russlands Wirtschaftsminister Alexej Uljukajev geht davon aus, dass Sanktionen gegen sein Land wahrscheinlich keine großen Auswirkungen haben dürften.

+++ 12.49 Uhr: Die Stimmzettel für das Referendum: Es gibt zwei Wahlmöglichkeiten, die jeweils in den Sprachen Russisch, Ukrainisch und Krimtatarisch aufgeführt sind. Die Stimmberechtigten können in einem Kästchen ihre Wahl mit einem beliebigen Zeichen markieren. Die Antwortmöglichkeiten:

1) Sind Sie für eine Wiedervereinigung der Krim mit Russland mit den Rechten eines Subjekts der Russischen Föderation?

2) Sind Sie für eine Wiederherstellung der Gültigkeit der Verfassung der Republik Krim von 1992 und für einen Status der Krim als Teil der Ukraine?

Anders als im aktuellen Text der Verfassung der Ukraine steht im Grundgesetz von 1992 nicht drin, dass die Krim ein unveräußerlicher Teil der Ukraine sei und die Verfassung der Ukraine Vorrang habe. Die Krim ist demnach ein eigenständiges Subjekt, das gewisse Hoheitsrechte an die Ukraine abgibt.

+++ 12.26 Uhr: Vor dem Referendum machen die russischen Staatsmedien mächtig Stimmung gegen die neue Führung in Kiew. Die Regierung dort wird nach Darstellung der meisten Moskauer Fernsehsender und Zeitungen angeblich von antisemitischen Faschisten geführt, die getöteten Demonstranten auf dem Maidan sollen von Scharfschützen der damaligen Opposition erschossen worden sein. Und der Westen lenkt die ganze Verschwörung angeblich aus der Ferne.

+++ 11.57 Uhr: Das Referendum auf der Krim über einen Anschluss an Russland ist nach Einschätzung von Verfassungsrechtsexperten des Europarats illegal. Nach dpa-Informationen kommt die "Venedig-Kommission" der Organisation zu dem Schluss, dass weder die Verfassung der Ukraine noch die Verfassung der Region Krim eine Volksabstimmung über eine Sezession zulassen. Zudem entsprächen die Umstände der Abstimmung nicht demokratischen Standards.

+++ 11.36 Uhr: Die Schuldigen sind nach Kiewer Lesart ausgemacht: Der amtierende ukrainische Präsident Alexander Turtschinow hat für die Gewalt im Osten seines Landes Russland verantwortlich gemacht. Dies sei das Werk von "Kreml-Agenten", sagt er vor dem Parlament in Kiew.

+++ 11.02 Uhr: Menschenrechtler haben Druck und Übergriffe auf Aktivisten und Journalisten kritisiert. Paramilitärische Einheiten sowie selbsternannte Verteidigungskräfte würden Gegner des Referendums sowie Reporter angreifen und entführen, teilte die Organisation Human Rights Watch (HRW) am Samstag mit.

+++ 10.39 Uhr: Nach mehrtägiger Debatte hat der Europarat sich im Krim-Konflikt hinter die Ukraine gestellt und eine friedliche Lösung angemahnt. Unter österreichischem Vorsitz bekräftigte das Ministerkomitee des Europarates die territoriale Integrität der Ukraine und äußerte große Sorge wegen des Referendums über einen Anschluss der Krim an Russland. Das Ministerkomitee stellte in Aussicht, Experten zur Überprüfung der Lage der Minderheiten in der Ukraine zu entsenden.

+++ 10.16 Uhr: Die muslimische Minderheit erwartet den Ausgang des umstrittenen Referendums über die Zukunft der Halbinsel mit Beklemmung. Im Streit um die Krim, die ihre Heimat ist, fühlen sich die Krimtataren zwischen allen Fronten.

+++ 9.59 Uhr: Auf der Krim haben sich die Bewohner mit einem "Tag der Ruhe" ohne politische Agitation auf das umstrittene Referendum über einen Beitritt zu Russland vorbereitet. In der Hauptstadt Simferopol bildeten sich am Samstag bei sonnigem Wetter Warteschlangen an Geldautomaten, an denen Menschen ukrainische Geldscheine zogen.

+++ 9.32 Uhr: Nicht nur die Ukraine fürchtet den wachsenden Einfluss Moskaus in den ehemaligen Staaten des Ostblocks. Wir haben mögliche Einflussnahmen Russlands analysiert.

+++ 9.18 Uhr: Die ukrainische Übergangsregierung will zumindest den politischen Teil des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union am kommenden Freitag unterzeichnen. Der wirtschaftliche Abschnitt zum anvisierten Freihandelsabkommen werde "später" folgen, erklärte Interimsministerpräsident Arseni Jazenjuk in einer am Samstag im ukrainischen Fernsehen ausgestrahlten Video-Botschaft. Darauf habe er sich mit EU-Ratspräsident Herman van Rompuy verständigt, fügte Jazenjuk hinzu, der am Freitag von einer politischen Rundreise durch Europa und die USA zurückgekehrt war.

+++ 8.56 Uhr: Der UN-Sicherheitsrat will an diesem Samstag über eine Resolution als Reaktion auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine abstimmen. Für 16.00 Uhr MEZ sei eine Sondersitzung einberufen worden, teilten die Vereinten Nationen am Freitag in New York mit. Bei dem Treffen werde über eine von den USA eingebrachte Resolution abgestimmt, die die internationale Gemeinschaft dazu auffordert, das Ergebnis des für Sonntag angesetzten umstrittenen Referendums auf der Krim über einen Anschluss an Russland nicht anzuerkennen, hieß es aus westlichen Diplomatenkreisen. Dass Russland sein Veto einlegt, gilt als sicher. Damit wäre die Resolution gescheitert.

+++ 08.16 Uhr: Bei einer Schießerei zwischen prorussischen Kräften und radikalen Nationalisten im ostukrainischen Charkow sind in der Nacht zum Samstag mindestens zwei Menschen getötet worden. Neben einem Anhänger der prorussischen Seite sei auch ein Passant ums Leben gekommen, hieß es aus Polizeikreisen.

+++ 7.23 Uhr: Vor dem Hintergrund der Ukraine- und Krimkrise reist US-Vizepräsident Joe Biden kommende Woche nach Polen und Litauen. Wie das Weiße Haus am Freitag mitteilte, will Biden mit den Verbündeten über die Lage in der Region sprechen. Er werde mit ihnen außerdem über "Schritte zur Unterstützung der ukrainischen Souveränität und territorialen Unversehrtheit" beraten,

+++ 7.01 Uhr: Der Unions-Wirtschaftsexperte Peter Ramsauer warnt die Bundesregierung vor Strafaktionen gegen Russland. "Wirtschaftssanktionen sind ein völlig ungeeignetes Element in der Außenpolitik", sagte der CSU-Politiker dem "Focus". Entsprechende Schritte des Westens in der Ukraine-Krise und Gegenmaßnahmen der russischen Regierung würden beide Seiten treffen, wurde er in dem Vorabbericht vom Samstag zitiert. Zudem werde sich China an Wirtschaftssanktionen nicht beteiligen. "Insofern bleiben die Handelswege für Russland zum Weltmarkt offen", sagte der Vorsitzende des Bundestags-Wirtschaftsausschusses. "Die Gelackmeiertsten wären wieder einmal wir Deutschen."

+++ 6.22 Uhr: Der britische Außenminister William Hague hält für die Europäische Union den "Augenblick gekommen", wegen der Ukraine-Krise härtere Strafmaßnahmen gegen Russland zu verhängen. Nach dem Scheitern der Gespräche seiner Kollegen aus Russland und den USA, Sergej Lawrow und John Kerry, am Freitag in London bedauerte Hague in einer Erklärung, dass Lawrow die sich bietende Gelegenheit für einen "diplomatischen Durchbruch" nicht ergriffen habe.

Am Freitag standen viele Menschen Schlange vor Bankautomaten, um sich Bargeldreserven zu sichern. Die ukrainische Regierung bat das Pentagon um militärische Unterstützung. Lesen Sie hier das Nachrichtenprotokoll zum Freitag.

(felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort