Kampf gegen den IS Kurden rekrutieren offenbar Syrien-Kämpfer in Deutschland

Berlin · Die verbotene Kurden-Partei PKK rekrutiert einem Medienbericht zufolge zunehmend Freiwillige in Deutschland. Unterdessen warnt der Geheimdienst vor dem rasantem Wachstum der Islamistenszene hierzulande.

Kampf gegen den IS: Kurden rekrutieren offenbar Syrien-Kämpfer in Deutschland
Foto: dpa, bom

Deutschland entwickelt sich immer mehr zu einem Nebenschauplatz des Krieges zwischen der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) und den Kurden in Syrien und dem Irak. Die verbotene Kurden-Partei PKK rekrutiere in Deutschland zunehmend Freiwillige für den Kampf gegen die Dschihadisten, berichtete der "Spiegel" am Sonntag unter Berufung auf Geheimdienstkreise. 50 Rekruten seien bereits ausgereist.

Zugleich zeigt sich der Verfassungsschutz besorgt über das rasante Wachstum der radikalen Islamistenszene in Deutschland. Binnen weniger Jahre habe sich die Zahl der Salafisten nahezu verdreifacht auf inzwischen 6300 Menschen, sagte Geheimdienstchef Hans-Georg Maaßen dem RBB. Bis Jahresende könnten es schon 7000 sein.

Mehr als 450 Islamisten aus der Szene seien bereits in den Krieg nach Syrien gezogen, sieben bis zehn von ihnen hätten Selbstmordanschläge verübt. Die Ausreise der PKK-Kämpfer zu verhindern fällt den Sicherheitsbehörden dem "Spiegel"-Bericht zufolge deutlich schwerer als bei den islamistischen Kämpfern.

"Diese Leute sind nicht so blöd wie die Dschihadisten", zitierte das Magazin einen Geheimdienstler. Sie seien von normalen Reisenden kaum zu unterscheiden. Im Unterschied zu IS-Anhängern stellten sie auch keine Fotos bei sozialen Medien ein. Die Behörden befürchteten, dass sich mit der Rückkehr der PKK-Kämpfer die Spannungen zur Salafisten-Szene in Deutschland verschärfen würden. In einer vertraulichen Lageeinschätzung habe das Bundeskriminalamt bereits vor zwei Wochen vor einer "starken Emotionalisierung" beider Seiten gewarnt.

Vermehrte Abschiebung gefordert

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann forderte die vermehrte Abschiebung von Salafisten. Zwar dürfe Deutschland den Terror nicht sehenden Auges exportieren, sagte der CSU-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Wenn aber durch Salafisten "unmittelbare Gefahren für die Sicherheit in Deutschland drohen, dann haben unsere eigenen nationalen Interessen ganz klar den Vorrang", sagte er.

Doppelstaatlern will Herrmann gegebenenfalls die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen. Der CSU-Politiker war in die Kritik geraten, weil er einen jungen IS-Anhänger in die Türkei abschieben ließ, der in einem Interview erklärt hatte, für die Extremistenmiliz sei er sogar bereit, seine eigene Familie zu töten.

Justizminister mahnt mehr Prävention an

Bundesjustizminister Heiko Maas warnte vor Aktionismus. "Wir müsse viel intensiver darüber debattieren, was wir präventiv tun können, um die Radikalisierung von jungen Menschen zu verhindern", sagte der SPD-Politiker der "Welt am Sonntag".

Ähnlich äußerte sich Verfassungsschutz-Chef Maaßen. Es müsse dafür gesorgt werden, "dass diese Menschenfänger, die auf Marktplätzen auftreten, vor Schulen stehen und Korane verteilen, dass diese Leute keine Zugänge mehr haben zu jungen Menschen", forderte er. Zugleich müssten Vorkehrungen getroffen werden, dass junge Häftlinge in Gefängnissen nicht salafistischen Mitgefangenen ausgesetzt und durch sie radikalisiert würden.

Jenseits der Prävention hat Justizminister Maas neue Gesetze gegen die Terrorismus-Finanzierung und die Ausreise in den Dschihad angekündigt. Weitere Gesetzesverschärfungen darüber hinaus wären reine Symbolik, sagte er.
Die Dunkelziffer der Salafisten, die nach Syrien und in den Irak ausgereist sind, dürfte einem FAS-Bericht zufolge deutlich über den öffentlich genannten 450 Ausreisen liegen. "Wir müssen die offiziellen Angaben mit dem Faktor vier multiplizieren, um eine realistische zahl zu erhalten", zitierte die Zeitung einen Verfassungsschützer. Damit läge die Zahl bei rund 1800.

Der Salafismus ist seit Jahren die am stärksten wachsende islamistische Bewegung in Deutschland. Er ist eine fundamentalistische Strömung des Islam und für junge Muslime häufig eine Zwischenstation auf dem Weg in den Dschihad. Ziel der Salafisten ist die Abschaffung der Demokratie und die Errichtung eines Gottesstaats. Bei der Missionierung bedienen sie sich stark des Internets, setzen aber auch auf öffentliche Hasspredigten und Aktionen zur Koranverteilung. Viele junge Salafisten haben sich bereits dem IS angeschlossen, der radikalsten Islamisten-Organisation in Syrien und dem Irak.

(REU)
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