Große Sicherheitsvorkehrungen bei Saddam-Prozess Kurdenführer lehnt Todesstrafe für Saddam ab

Rom/Bagdad (rpo). Der irakische Kurdenführer Dschalal Talabani hat sich gegen die Todesstrafe für den früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein ausgesprochen. Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen hat die irakische Justiz am Donnerstag ihr Verfahren gegen den gestürzten Staatschef Saddam Hussein eingeleitet.

Saddam Hussein sei zwar "einer der schlimmsten Verbrecher der Welt" und "verantwortlich für den Tod von Millionen Menschen", sagte Talabani bei einem privaten Besuch in Rom der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" (Donnerstagsausgabe). "Aber ich bin Rechtsanwalt, und als solcher finde ich, dass er nicht zum Tode verurteilt werden darf." Saddam Hussein war am Vortag der irakischen Justiz überstellt worden und sollte am Donnerstag einem Haftrichter vorgeführt werden.

Der frühere Präsident habe die Kurden "massakriert", sagte Talabani der Zeitung. "Er hat unsere Städte abgebrannt und zerstört." Das neue Irak, das gerade im Entstehen sei, müsse deshalb die Rechte der kurdischen Bevölkerung achten. "Wenn der Irak diese Verpflichtung nicht anerkennt, wird das das Ende der irakischen Einheit sein", zitierte die Zeitung den Chef der Kurdenpartei PUK. Dass die Kurden unabhängig würden, sei allerdings ausgeschlossen: "Wir müssen realistisch sein", sagte Talabani.

Vor der so genannten Grünen Zone in Bagdad, dem hermetisch gesicherten Regierungsviertel, demonstrierten etwa hundert Opfer der ehemaligen Führung für die Übergangsregierung unter Ijad Allawi. Auf Transparenten sprachen sich die Teilnehmer gegen den Terrorismus aus und begrüßten die Machtübergabe von den Vereinigten Staaten an Irak, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. "Die meisten Leute hier waren unter Saddam politische Gefangene", sagte einer der Demonstranten, Hussein Abbas. "Wir verlangen die Wahrung unserer Rechte, einen Lohn und ein Stück Land. "

Saddams erste Anhörung

Der Expräsident sollte zu seiner ersten Anhörung zunächst einem Einzelrichter vorgeführt werden, wie der Vorsitzende des Sondertribunals, Salem Tschalabi, mitteilte. Über den Namen des Juristen sowie Ort und Zeit herrschte Stillschweigen. Es wurde erwartet, dass die Anhörung auf oder nahe dem Flughafen von Bagdad stattfinden sollte.

Anklage sei bislang noch nicht offiziell erhoben worden, sagte Tschalabi. Die USA hatten Saddam Hussein am Mittwoch der irakischen Justiz übergeben. Er bleibt jedoch zunächst in amerikanischem Gewahrsam, da Irak noch nicht über ein geeignetes Gefängnis verfügt.

Zusammen mit dem Expräsidenten wurden elf führende Mitglieder seines Regimes den Irakern überstellt. Unter ihnen sind der frühere Vizepräsident Taha Jassin Ramadan, der frühere stellvertretende Ministerpräsident Tarik Asis, zwei Halbbrüder Saddam Husseins sowie der als "Chemie-Ali" berüchtigte Ali Hassan al Madschid. Dieser wird für das Giftgasmassaker 1988 in der kurdischen Stadt Halabdscha und einem weiteren Massaker an schiitischen Aufständischen 1991 verantwortlich gemacht.

Saddam Hussein wurde Anfang April vergangenen Jahres gestürzt und am 13. Dezember gefangen genommen. Seitdem hielten ihn die US-Streitkräfte an einem unbekannten Ort im Großraum Bagdad fest.

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