Kampf um Kobane Kurdische Kämpfer drängen Extremisten zurück

Kobane · Die bislang stärksten Luftangriffe auf die IS-Miliz zeigen Wirkung. Kurdische Kämpfer können die Dschihadisten in Kobane weiter zurückdrängen. Syrien lehnt eine Pufferzone im syrisch-türkischen Grenzgebiet ab und droht der internationalen Anti-Terror-Koalition.

Kobane: IS und Kurden kämpfen an türkisch-syrischer Grenze
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Der dramatische Kampf um Kobane

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Foto: afp, am/MM

Im Krieg gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) haben die Kurden mit Hilfe der internationalen Koalition weiter Boden gut gemachen. Nach Angaben kurdischer Aktivisten zeigten die bislang stärksten Luftschläge auf Positionen der Dschihadisten in der umkämpften syrischen Grenzstadt Kobane Wirkung. Die humanitäre Lage in der Stadt nahe der türkischen Grenze sei aber dramatisch, hieß es am Mittwoch. Die syrische Regierung droht mit Gegenmaßnahmen, sollte das Anti-IS-Bündnis im Norden des Landes eine von der Türkei geforderte Pufferzone einrichten, in der auch ein Flugverbot gilt.

Wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana unter Berufung auf das Außenministerium berichtete, lehnt Damaskus ein solches Vorhaben auf syrischem Territorium unter allen Umständen ab. Damaskus werde sich nach Beratungen mit seinen Partnern notwendige Maßnahmen zum Schutz der syrischen Souveränität vorbehalten, sollte es tatsächlich dazu kommen. Die Türkei hatte im Kampf gegen den IS ein solches Gebiet vorgeschlagen. Frankreich unterstützte dies, die USA sind skeptisch. Syriens Verbündete sind in erster Linie Russland und der Iran.

Kurdische Kämpfer konnten die Dschihadisten in ihrer Bastion Kobane laut einem Aktivisten weiter zurückdrängen und aus Teilen der Stadt vertreiben. Zuvor hatten die USA mit Unterstützung Saudi-Arabiens die bisher stärksten Luftangriffe auf den IS ausgeführt. Nach Mitteilung des Zentralkommandos in Tampa (Florida) wurden am Montag und Dienstag nahe der Enklave 21 Angriffe geflogen.

IS-Flaggen wehen über dem Stadtrand von Kobane
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IS-Flaggen wehen über dem Stadtrand von Kobane

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Idris Nassan, Vize-Sprecher für auswärtige Angelegenheiten in Kobane, wies jedoch darauf hin, dass die humanitäre Lage immer schwieriger werde. Verletzte Kämpfer könnten aus Mangel an Arzneimitteln nur unzureichend versorgt werden, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Auch fehle es an sauberem Wasser; Lebensmittel würden immer knapper.

Die Kurden fordern zur Versorgung der Kämpfer einen Schutzkorridor über türkisches Territorium zwischen Kobane und anderen kurdischen Enklaven an der syrischen Grenze. Die Türkei lehnt das ab.

Die USA schwören ihre Verbündeten auf einen langen Kampf gegen den IS ein. Nach einem Strategietreffen mit mehr als 20 Militärchefs des Bündnisses gegen die Terrormiliz sagte US-Präsident Barack Obama, es habe im Kampf gegen die Dschihadisten einige "wichtige Fortschritte" gegeben. Die Mitglieder der Koalition seien aber auf einen langen Krieg vorbereitet. "Es gibt keine schnelle Lösung", sagte Obama. "Wir befinden uns noch in der frühen Phase. Wie bei jedem Militäreinsatz wird es Tage des Fortschritts und Perioden des Rückschritts geben.
Aber unsere Koalition ist gemeinsam diesem Langzeit-Einsatz verpflichtet."

Flucht vor IS: So leben Flüchtlingskinder in Suruc
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So leben Flüchtlingskinder in Suruc

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US-Außenminister John Kerry sprach der Türkei am Dienstagabend in Paris eine wichtige Rolle im weiteren Vorgehen gegen den IS zu. "Die Türkei ist ein sehr geschätzter Partner in der Koalition." Er sei zuversichtlich, dass sie ihre Rolle "selber nach ihrem Zeitplan definieren wird". Die USA fordern, dass die Türkei ihre Flugplätze für Luftangriffe auf den IS öffnet. Ankara verweigert das bislang.

Sollte Kobane in die Hände des IS fallen, hätten die sunnitischen Extremisten einen durchgängigen Grenzstreifen von mehr als 200 Kilometern zur Türkei unter ihrer Kontrolle.

Zugleich suchen die USA auch die Zusammenarbeit mit Russland. Kerry sprach mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow in Paris über einen engeren Austausch von Geheimdiensterkenntnissen über die Islamisten. Der russische Regierungschef Dmitri Medwedew sieht wegen des Ukraine-Konflikts allerdings keine gute Basis für eine enge Zusammenarbeit mit Washington.

Die vom Westen unterstützte syrische Exil-Opposition bestätigte in Istanbul nach langwierigen Verhandlungen Ahmed Toma als Premier ihrer Übergangsregierung. Das teilte die Nationale Syrische Koalition (NSC)
auf Twitter mit. Toma war bereits vor zehn Monaten zum Regierungschef einer von der NSC initiierten Gegenregierung zu Präsident Baschar al-Assad ernannt worden, blieb jedoch in den eigenen Reihen umstritten.

Der IS ist im syrischen Bürgerkrieg stark geworden und hat inzwischen große Gebiete in Syrien und im Irak unter Kontrolle. Die Zeitung "Der Tagesspiegel" berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, es gebe Hinweise, dass in beiden Ländern bereits acht Selbstmordattentäter aus Deutschland für die Terrorgruppe gestorben seien. Auch die Gegenseite bekommt inzwischen Unterstützung von europäischen Zivilisten: Drei niederländische Rocker sind nach Berichten niederländischer Medien in den Irak gereist, um an der Seite der Kurden gegen die Dschihadisten zu kämpfen.

(dpa)
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