Wahlen in "Europas letzter Diktatur" Lukaschenko festigt seine Macht

Minsk · Überschattet von Fälschungsvorwürfen und einem Boykottaufruf der Opposition ist in Weißrussland ein neues Parlament gewählt worden - das in der autoritär regierten Ex-Sowjetrepublik aber kaum ein Mitspracherecht hat.

2010: Alexander Lukaschenko bleibt an der Macht
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Mit einer Wahl wie zu Sowjetzeiten ohne Chance für die Opposition hat in Weißrussland der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko seine Macht gefestigt. Die Beteiligung habe bei 74,2 Prozent gelegen, sagte die Leiterin der Wahlkommission, Lidija Jermoschina, am Montag.

Nur einer der 110 Abgeordneten habe nicht gewählt werden können, weil er in seinem Wahlkreis die absolute Mehrheit verfehlt habe. Die Abstimmung werde dort wiederholt.

Der von Kritikern des Regimes von Staatschef Alexander Lukaschenko und unabhängigen Experten als undemokratisch bezeichnete Urnengang am Sonntag verlief ruhig.

Lukaschenko, der das Land seit 18 Jahren mit harter Hand regiert und von seinen Gegnern als "Europas letzter Diktator" bezeichnet wird, hatte sich siegessicher gezeigt. Alle 110 Mandate würden in Regierungshand bleiben, da die "feige Opposition nichts anzubieten" habe. Die Meinung des Westens über die Abstimmung nannte er uninteressant: "Dies sind Wahlen für das weißrussische Volk, nicht für den Westen."

Staatsbeamte und Soldaten seien massenweise zur Abstimmung gezwungen worden, zudem sei die Opposition nicht zur Auszählung zugelassen, betonten wichtige Oppositionskräfte in einer gemeinsamen Erklärung. Solange die Führung in Minsk als einzige Regierung in Europa noch die Todesstrafe vollstrecke und politische Häftlinge gefangen halte, habe sie keine Legitimierung, unterstrichen sie. Zwei große Oppositionsparteien hatten zum Boykott der Wahl aufgerufen. Allerdings gelten die Lukaschenko-Gegner als zerstritten.

Unabhängige Wahlbeobachter haben seit 1994 keine Wahl in Belarus mehr als frei und fair eingestuft. Zuletzt wurde mehreren deutschen Journalisten die Einreise nach Minsk verweigert. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE), die etwa 300 Beobachter nach Weißrussland entsandt hat, will ihr Urteil an diesem Montag vorlegen.

Vor der Wahl des "Marionettenparlaments" habe es Todesdrohungen gegen die Opposition gegeben, kritisierte die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck (Grüne), der ebenfalls ein Visum verweigert worden war. Die EU müsse die Zivilgesellschaft in Minsk weiter unterstützen, appellierte die Osteuropaexpertin in Berlin.

Die EU und die USA haben wegen schwerer Menschenrechtsverstöße Belarus mit Sanktionen belegt. Dazu gehören Reiseverbote und Kontosperrungen für Lukaschenko und viele seiner Gefolgsleute.

(dpa)
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