Das ehemalige KGB-Hauptgebäude in Lettland "Manche Besucher brechen in Tränen aus"

Riga · Die Menschen in Riga nannten es nur "das Haus an der Ecke", es war eines der meistgefürchteten Orte in der lettischen Hauptstadt: das frühere Hauptgebäude des russischen Geheimdienstes KGB in dem Land. Nun steht es Besuchern offen und lässt Touristen und Einwohner Teil haben an einem dunklen Kapitel aus Sowjetzeiten.

Das ist das frühere Hauptgebäudes des KGB in Lettland
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Das ist das frühere Hauptgebäudes des KGB in Lettland

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Die Farbe an den Wänden ist abgeblättert, die Türen zwischen den Zellentrakten rosten vor sich hin. Die Luft ist stickig und muffig, sicherlich ein beklemmendes Gefühl auch heute noch für die Besucher. Doch jetzt, 23 Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, haben sie endlich die Möglichkeit hinter die Türen des KGB-Hauptquartiers von Lettland zu schauen.

Erbaut wurde das Gebäude in der Friedensstraße (früher Leninstraße), so schreibt die Nachrichtenagentur AFP, im Jahr 1912. Seit den 1940er Jahren hat dann der russische Geheimdienst dort Quartier bezogen. Tausende von Letten wurden in diesem Haus befragt und gefoltert, manche wurden hinter diesen Mauern auch hingerichtet, schreibt die Nachrichtenagentur. Eine, die davon erzählen kann, ist Aija Abens, die Besucher durch das Gebäude führt.

"Es war nahe der Tür zum Hof", erzählt sie von den Hinrichtungen. "Ein Lkw wurde draußen geparkt mit laufendem Motor, der den Lärm übertönen sollte. Dann wurde der Leichnam in den Lkw geladen und weggefahren", erzählt sie. Später hätten die KGB-Leute damit begonnen, ihre Opfer irgendwo zu töten, also wurde die Exekutionszelle umgewandelt — in einen Kiosk, wo die Agenten ihre Zigaretten kaufen konnten.

All das erzählt die Lettin den Besuchern, und die meisten, so sagt sie AFP, sind bei dem Rundgang schockiert. "Manche kommen her, entscheiden aber dann, dass sie keinen Fuß hineinsetzen. Manche Menschen brechen in Tränen aus. Das ist der Moment, in dem wir realisieren, dass sie oder ihre Verwandten hier Gefangene gewesen sein müssen."

Die Zukunft ist ungewiss

Auch russische Besucher kämen in das Gebäude, sagt die Führerin. Und sie ist sich sicher, dass manch einer von ihnen einst in dem Haus in Riga gearbeitet hat. "Wir haben die Kantine der KGB-Mitarbeiter gezeigt und ein Besucher sagte: 'Ja, aber das Essen war gut.' Wie kann er das wissen, wenn er nicht Teil des Teams war", fragt sie.

Ein paar Stockwerke weiter oben, so schreibt AFP, sei die Atmosphäre eine ganz andere. Hier seien die Wände frisch gestrichen, überall sind Kunstinstallationen zu sehen. Aber auch hier soll der Besucher einen Eindruck aus der Zeit des Totalitarismus bekommen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den 60.000 Letten, die auf Befehl von Josef Stalin nach Sibirien deportiert worden waren, vor allem in den Jahren 1941 und 1947.

Ausstellungen, ein Museum, solch eine Zukunft kann sich auch mancher ehemalige Gefangene für "das Haus an der Ecke" vorstellen. Denn Interessenten, die ein Hotel oder etwas anderes daraus machen wollen, gibt es nicht wirklich. "Seine dramatische Geschichte macht es unattraktiv", sagt Baiba Strautmane, die das Haus für eine staatliche Agentur verwaltet. Und so sagt auch der ehemalige politische Gefangene Knuts Skujenieks: "Es ist wahr, der Ruf des Gebäudes ist nicht sehr gut, aber ich glaube, die Stadt braucht das. So erinnert sie sich." Und dann fügt er noch den Satz hinzu: "Du kannst der Geschichte nicht entfliehen."

(das)
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