Bizarrer Auftritt bei Mandela-Trauerfeier Dolmetscher soll kriminelle Vergangenheit haben

Johannesburg · Der Gebärdendolmetscher, der bei der Trauerfeier für Mandela für Verwirrung sorgte, hat seinen bizarren Auftritt mit einem schizophrenen Anfall erklärt. Nun kommt heraus: Der Mann, der direkt neben US-Präsident Barack Obama stand, hat offenbar eine kriminelle Vergangenheit.

Der Gebärdensprachdolmetscher bei Nelson Mandelas Trauerfeier
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Der Gebärdensprachdolmetscher bei Nelson Mandelas Trauerfeier

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Gebärdendolmetscher Thamsanqa Jantjie sorgte mit seinem Auftritt bei der Trauerfeier für den südafrikanischen Nationalhelden Nelson Mandela für Schlagzeilen. Anstatt unter anderem die Rede von US-Präsident Barack Obama in Gebärdensprache zu übersetzen, machte er nur sinnlose Gesten. Gehörlose hatten ihn anschließend als Betrüger bezeichnet und ihm vorgeworfen, nur "mit den Armen gewedelt" zu haben.

Der Wirbel um Jantjie sorgte auch für Diskussionen über die Sicherheitsvorkehrungen bei der Trauerfeier, bei der der Dolmetscher direkt neben Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gestanden hatte. Das Weiße Haus erklärte, für Sicherheitsfragen sei die südafrikanische Regierung zuständig. Es wäre aber "schade", wenn die Debatte über den Dolmetscher "von der Wichtigkeit des Ereignisses" und dem Erbe Mandelas ablenken würde, sagte Präsidentensprecher Josh Earnest in Washington.

Dass die Sicherheitsbedenken aber alles andere als aus der Luft gegriffen sind, zeigen nun Berichte des afrikanischen Fernsehsenders eNCA TV. Demnach wurde vor zehn Jahren wegen Mordes gegen Jantjie ermittelt. Zudem soll er wegen anderer Delikte, unter anderem wegen Betrugs, ins Visier der Polizei geraten sein. Dabei soll es um mehr als 100.000 Euro gegangen sein. Darüber hinaus soll Jantjie im Jahr 2011 Leistungen für Übersetzer-Einsätze beansprucht haben, die er gar nicht erbrachte.

Barack Obama spricht bei Trauerfeier für Nelson Mandela
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Wie der Sender weiter berichtet, soll er auch an einem Gericht einen Mitarbeiter als Geisel genommen und sich mit einem Stein verteidigt haben. Das Justizministerium wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Die Vorwürfe sollen nun noch einmal offiziell untersucht werden, denn laut einem Sprecher der Strafverfolgungsbehörden gebe es derzeit keine Akten wegen Ermittlungen, er könne aber auch nicht abstreiten, dass es "diese Vorwürfe gegen ihn gab".

Eine Sprecherin der südafrikanischen Regierung bestätigte, dass es neue Untersuchungen geben soll. "Wir werden das nicht unter den Teppich kehren", sagte Phumla Williams. Ergebnisse sollen aber nicht vor der Beisetzung Mandelas am Sonntag bekanntgegeben werden, berichtet "Spiegel online".

"Ich war allein in einer gefährlichen Situation"

Jantjie selbst sagte am Donnerstag der Zeitung "The Star", er habe bei der Mandela-Trauerfeier einen Anfall von Schizophrenie erlitten und plötzlich Stimmen gehört. Er habe plötzlich die Konzentration verloren, angefangen zu halluzinieren und Stimmen zu hören, sagte Jantjie. "Es gab nichts, was ich tun konnte, ich war allein in einer sehr gefährlichen Situation", sagte Jantjie in dem Interview. "Ich habe versucht, mich unter Kontrolle zu kriegen und der Welt nicht zu zeigen, was vor sich ging, es tut mir sehr leid, aber das war die Situation", fügte er hinzu.

Auf die Frage, warum er nicht einfach die Bühne verließ, sagte Jantjie, er habe sich angesichts der historischen Bedeutung des Ereignisses nicht getraut. Zugleich bat er um Verständnis: "Wer diese Krankheit nicht kennt, wird denken, dass ich das alles nur erfinde", sagte Jantjie, der nach eigenen Angaben Medikamente gegen Schizophrenie einnimmt. In der Vergangenheit sei er bei schizophrenen Anfällen auch gewalttätig geworden - Details nannte er nicht.

Er arbeite schon lange als Dolmetscher, sagte Jantjie in einem anderen Interview. "Das war nicht die erste Veranstaltung", sagte er dem Radiosender Highveld. Er habe auch schon bei der Trauerfeier für die Frau des Antiapartheidskämpfers Walter Sisulu im Jahr 2011 gedolmetscht. "Erst jetzt wird mir vorgeworfen, dass ich schlechte Arbeit mache", sagte Jantjie.

Angeblicher Arbeitgeber löste sich in Luft auf

Die Regierung räumte jedoch ein, dass den Organisatoren der Trauerfeier möglicherweise ein "Fehler" unterlaufen sei. Jantjie sei gar kein "professioneller Gebärdensprachendolmetscher", sagte die Vizeministerin für Menschen mit Behinderungen, Hendrietta Bogopane-Zulu. Er sei aber auch nicht einfach "von der Straße geholt" worden. Sie deutete an, dass Jantjie möglicherweise schlecht Englisch spreche oder müde gewesen sei. Bei der Firma, für die Jantjie arbeitet, konnte sich die Regierung jedenfalls nicht erkundigen. "Sie haben sich einfach in Luft aufgelöst", sagte Bogopane-Zulu.

Das Südafrikanische Übersetzer-Institut erklärte zwar, dass Jantjie ein anerkannter Dolmetscher ist. Es habe aber schon in der Vergangenheit Beschwerden über ihn gegeben, sagte der Institutsvorsitzende Johan Blaauw. Klagen gab es etwa nach seinen Auftritten bei Parteitagen des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses.

Der südafrikanische Kulturminister sah sich mittlerweile genötigt, sich für den Einsatz des fragwürdigen Mannes zu entschuldigen. Reformen müssten nun dringend auf den Weg gebracht werden, damit solche Vorfälle nicht wieder stattfänden, forderte der Minister Paul Mashatile am Freitag in Johannesburg.

(AFP/jre/ap)
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