Marokko Klimakonferenz in Marrakesch hat begonnen

Marrakesch · Der Szenenwechsel ist gewaltig, die neue Aufgabe auch. Mitten im französischen Winter hat die Welt sich 2015 auf den historischen Klimavertrag geeinigt. Auf dem afrikanischen Kontinent, der besonders unter der Erderwärmung leidet, macht sie sich an die Umsetzung.

 Delegierte verlassen das Konferenzzentrum in Marrakesch.

Delegierte verlassen das Konferenzzentrum in Marrakesch.

Foto: ap, ME

Auf den Straßen von Marrakesch steht das Regenwasser, doch drinnen geht die Sonne auf - und das gleich Hunderte Male. In der abgedunkelten Halle der Klimakonferenz schwenken die Delegierten aus fast 200 Ländern ihre kleinen Lampen - gelb, sonnenblumenförmig und selbstverständlich solarbetrieben.

Auch Afrika habe ein "Recht auf Licht" und Energie, erklärt Frankreichs Umweltministerin Ségolène Royal. Ein knappes Jahr nachdem in Paris der historische Weltklimavertrag vereinbart wurde, übergibt sie an diesem Montag den Hammer des Konferenzleiters an den neuen Gastgeber, Marokkos Außenminister Salaheddine Mezouar. Der ist sich seiner gewaltigen Aufgabe bewusst: "Schwestern und Brüder, dies ist ein Appell an unser Gewissen und unsere gemeinsame Verantwortung. Wir sind dafür verantwortlich, dringliche, greifbare Antworten zu liefern."

Ziele des Pariser Abkommens sollen fassbarer werden

Genau darum geht es in Marrakesch: Die luftigen Ziele des Pariser Abkommens ein Stück fassbarer zu machen, einen Zeitplan dafür zu liefern, wie sie es werden können. Es geht zum Beispiel daran, wie die ganz unterschiedlichen Klimaziele von Industriestaaten und Entwicklungsländern auf die Dauer vergleichbar gemacht werden. Oder wie arme Staaten bei der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung unterstützt werden.

"Deutlich unter zwei Grad" im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter soll die Erderwärmung bleiben, besser noch bei 1,5 Grad. Das erste Grad ist bereits erreicht. Um zumindest unter zwei Grad zu bleiben, müsste der für 2030 erwartete Ausstoß von Treibhausgasen etwa um ein Viertel verringert werden, mahnte die Umweltorganisation der Vereinten Nationen (UNEP) vergangene Woche.

Dass dies gelingt, daran liegt nicht zuletzt vielen Ländern Afrikas etwas, schon aus Eigeninteresse. Viele Staaten hätten nur wenig Möglichkeiten, sich wirklich an steigende Temperaturen anzupassen, sagt Robert Ddamulira von der Umweltschutzorganisation WWF. "In dem Land, aus dem ich komme, Uganda, hatten wir normalerweise alle zehn Jahre eine Dürreperiode. Jetzt haben wir alle anderthalb Jahre eine schwere Dürre."

"Am grausamsten und am ungerechtesten" wirke die Erderwärmung in Afrika, sagt Royal. Doch die teils sehr armen Länder des Kontinents hätten nun die Chance, es besser zu machen als die Industrieländer, die mit ihrer wirtschaftlichen Entwicklung bisher den Großteil der Treibhausgase in die Atmosphäre geblasen haben. "Erfinden Sie die Welt von morgen, um die Irrtümer der schmutzigen Volkswirtschaften und der Ausbeuter natürlicher Ressourcen nicht zu wiederholen!", appelliert sie.

Umweltschützer und Politiker hoffen, dass Entwicklungsländer in Afrika und anderswo auf der Welt es schaffen, mit der richtigen Unterstützung die Nutzung klimaschädlicher fossiler Energien zu "überspringen" und stattdessen den Ausbau von Strom aus Wind oder Sonne forcieren.

Bis 2020 will Marokko 42 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren

Marokko ist dafür selbst aus Sicht skeptischer Umweltschützer der richtige Gastgeber. Ein "regionaler und sogar internationaler Vorreiter in erneuerbaren Energien" sei das Königreich, lobt etwa Julien Jreissati von Greenpeace. Bis 2020 will Marokko 42 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Quellen produzieren. An den Küsten entstehen Windanlagen, zu Jahresbeginn eröffnete König Mohammed VI. am Rande der Sahara das erste Kraftwerk des weltweit größten Solarenergie-Komplexes.

Doch so sehr sich die Delegierten in Marokko vielleicht ins Zeug legen, Zeitpläne und Verfahren zur Umsetzung der Pariser Klimaziele ausarbeiten, Methoden für ihre Überprüfbarkeit auf den Weg bringen - auch im Paris-Abkommen klaffen gewaltige Lücken. Eine davon rufen die schwere Flugzeuge ins Gedächtnis, die regelmäßig über die Kuppeln der gewaltigen Konferenzzelte donnern, auf dem An- oder Abflug zum Flughafen von Marrakesch. Der steigende Ausstoß an Treibhausgasen aus Luft- oder Schifffahrt findet im historischen Welt-Klimavertrag keine Berücksichtigung.

(heif/dpa)
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