Europäischer Gerichtshof Sterbehilfe für Wachkoma-Patienten genehmigt

Straßburg · Seit 2008 liegt der querschnittsgelähmte Franzose Vincent Lambert im Wachkoma. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einem Ende der künstlichen Ernährung zugestimmt und damit ein Urteil für die passive Sterbehilfe gefällt.

 Das lange Ringen um die weitere Behandlung von Wachkoma-Patient Vincent Lambert hat ein Ende.

Das lange Ringen um die weitere Behandlung von Wachkoma-Patient Vincent Lambert hat ein Ende.

Foto: dpa, pt kde

Im seit Jahren andauernden Rechtsstreit um passive Sterbehilfe für einen querschnittsgelähmten Franzosen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einem Ende der künstlichen Ernährung zugestimmt. Die Straßburger Richter lehnten am Freitag die Beschwerde der Eltern und zweier Geschwister gegen das Ende der künstlichen Ernährung von Vincent Lambert ab. Der 38-Jährige liegt seit einem Verkehrsunfall im September 2008 im Wachkoma.

Die Kläger hatten geltend gemacht, dass ein Abschalten der lebenserhaltenden Geräte ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Leben wäre. Dies verneinte der Straßburger Gerichtshof nun. Das Urteil wurde von der Großen Kammer aus 17 Richtern gefällt, dagegen ist kein Einspruch möglich. Das Urteil erging mit zwölf Stimmen, fünf der Richter hatten eine abweichende Meinung.

 Viviane Lambert klagte gegen ein Ende der künstlichen Ernährung ihres Bruder Vincent - ohne Erfolg.

Viviane Lambert klagte gegen ein Ende der künstlichen Ernährung ihres Bruder Vincent - ohne Erfolg.

Foto: afp, FRN/LE

Vincent Lambert erlitt bei dem Verkehrsunfall im Jahr 2008 schwere Hirnverletzungen, er liegt seitdem im Wachkoma. Seit 2011 hat sich sein Zustand deutlich verschlechtert, nach Angaben des Rechtsvertreters der Regierung befindet er sich in einem vegetativen Zustand ohne Aussicht auf Besserung.

Bei einer Anhörung im Januar betonten die Eltern, ein Aussetzen der Nahrungszufuhr wäre nichts anderes als "versteckte Euthanasie" und damit ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz des Lebens. "Vincent ist nicht am Ende seines Lebens, er ist behindert", sagte seine Mutter. Die Eltern machen zudem geltend, dass die Ärzte gegen das Verbot von Misshandlung und Folter verstoßen, sollten sie ihren Sohn verhungern und verdursten lassen.

Lamberts Frau, fünf seiner Geschwister und ein Neffe fordern hingegen für den 39-Jährigen das Recht zu sterben. "Er wollte auf keinen Fall in permanentem vegetativen Zustand leben", versicherte der Neffe François Lambert bei der Anhörung in Straßburg. Auch Lamberts Frau erklärt, ihr Mann habe sich nie gewünscht, dass sein Leben künstlich verlängert werde. Eine Patientenverfügung von ihm gibt es allerdings nicht.

Die französische Justiz stützte ihre Entscheidung zugunsten einer passiven Sterbehilfe auch auf Aussagen von Ärzten im Universitätskrankenhaus der ostfranzösischen Stadt Reims, in dem Vincent Lambert seit seinem Unfall im September 2008 liegt. Demnach sind bei dem Patienten nur noch geringfügige Bewusstseinsanzeichen vorhanden. Außerdem ließ Lambert den Angaben zufolge wiederholt Widerstand gegen eine weitere Pflege erkennen.

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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte Frankreich nach Erhalt der Klage im vergangenen Juni per einstweiliger Verfügung angewiesen, den Querschnittsgelähmten bis zum Urteil weiter am Leben zu erhalten. Nun aber hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einem Ende der künstlichen Ernährung zugestimmt.

(AFP/dpa)
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