EU verlangt versöhnliche Amtsführung Merkel gratuliert Erdogan - Kritik der OSZE an Wahl in Türkei

Ankara · Nach seinem Triumph bei der Präsidentschaftswahl sieht sich der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan mit mahnenden Tönen konfrontiert. Während die Europäische Union eine versöhnliche Amtsführung vom designierten Staatschef verlangte, kritisierten die OSZE-Wahlbeobachter am Montag systematische Wettbewerbsnachteile für Erdogans Wahlkampfgegner.

Recep Tayyip Erdogan: Das ist der türkische Staatspräsident
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Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP bereitete unterdessen die neue Machtverteilung in der Türkei vor, mit der Erdogan das Land in eine "neue Ära" führen will.

"Wir hoffen, dass Sie die Rolle als Versöhner spielen werden, die Ihnen Kraft dieses Amtes zukommt", erklärten die Präsidenten des Europäischen Rats und der EU-Kommission, Herman Van Rompuy und José Manuel Barroso, in einem als Glückwunschadresse formulierten Appell an Erdogan. Dieser müsse nun alle "gesellschaftlichen Gruppen, Glaubensgemeinschaften, Befindlichkeiten, Meinungen und Lebensstile" in der Türkei zusammenführen. Auch die Kurden-Frage und der Konflikts mit Zypern müssten geregelt werden.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fand ebenfalls mahnende Töne. Ihre Beobachter monierten, dass der langjährige Regierungschef im Wahlkampf "seine offizielle Position nutzte und von parteiischer Medienberichterstattung" profitierte, was ihm "einen klaren Vorteil vor den anderen Kandidaten verschafft" habe. Die "Wünsche des Volks nach Demokratie" seien nicht vollständig erfüllt worden.

Für Erdogan stimmten fast 52 Prozent der Wähler

Erdogan hatte die erste Direktwahl eines türkischen Präsidenten am Sonntag im ersten Durchgang gewonnen. Für ihn stimmten fast 52 Prozent der Wähler, sein stärkster Widersacher Ekmeleddin Ihsanoglu kam auf gut 38 Prozent. Der von den größten Oppositionsparteien nominierte Historiker hatte einen "unfairen Wahlkampf" beklagt, da Erdogan viele Millionen Euro in seine Kampagne investieren konnte.

Tatsächlich galt dem starken Mann der Türkei im Fernsehen die meiste Aufmerksamkeit, sein Gesicht prangte auf riesigen Plakaten an nahezu jeder Straßenecke. Ihsanoglus Wahlkampfteam musste mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln auskommen.

Angesichts der tiefen politischen Gräben in der Türkei schlug Erdogan noch am Wahlabend versöhnliche Töne an. Bei einer Siegesrede auf dem Balkon des AKP-Hauptquartiers in Ankara gelobte er vor zehntausenden Anhängern, er wolle eine "neue Ära" einläuten und den "Streit der Vergangenheit" beilegen. Allerdings müsse die Opposition "ihre Politik überdenken", um dem Ideal einer "neuen Türkei" gerecht zu werden. "Diejenigen, die uns einer Ein-Mann-Herrschaft bezichtigen, sollten sich bitte selbst ernsthaft hinterfragen."

Ernüchterung herrschte bei der Republikanischen Volkspartei, die Ihsanoglu unterstützt hatte: "Nicht Ihsanoglu hat die Wahl verloren, sondern der Wunsch nach einer sauberen und ehrlichen Politik und das Streben nach Demokratie", sagte Parteisprecher Haluk Koc.

Merkel: "Schwierige Herausforderungen zu meistern"

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich in ihrer Glückwunschadresse an Erdogan zu keinem der Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten. Deutschland und die Türkei verbinde "eine enge und vertrauensvolle Partnerschaft", erklärte Merkel. Derzeit gebe es "in der Region schwierige Herausforderungen zu meistern".

Der Regierung in Ankara komme dabei eine große Bedeutung zu. Der Wahltriumph ebnet Erdogan nun den Weg zur Transformation der Türkei von einer parlamentarischen Demokratie zu einem Präsidialsystem, in dem das Staatsoberhaupt nicht länger nur repräsentative Aufgaben hat, sondern maßgeblich die Politik bestimmt. Allerdings müsste die AKP für eine solche Verfassungsänderung ihre Stellung als stärkste Kraft bei den Parlamentswahlen im Juni 2015 noch ausbauen.

Am Montag trat die Parteiführung in Ankara zusammen, um über den nächsten AKP-Chef und Ministerpräsidenten zu beraten, der wie Erdogan beide Ämter in Personalunion ausüben könnte. Der 60-jährige Erdogan muss sie spätestens bei seiner Vereidigung als Präsident in zwei Wochen aufgeben. Als Favorit auf seine Nachfolge wird in türkischen Medien der bisherige Außenminister Ahmet Davutoglu gehandelt.

(DEU)
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