Wahlen in Russland Merkel kritisiert Umgang mit Bürgerrechtlern

Moskau (RPO). In Russland hat am Sonntag die Wahl eines neuen Parlaments begonnen. Nach Öffnung der Wahllokale auf der Halbinsel Kamtschatka im Fernen Osten gaben am Morgen auch die ersten Bürger in Moskau ihre Stimme ab. Ein Sieg der Kreml-Partei Einiges Russland gilt als sicher. 450.000 Polizisten überwachen die Wahl. Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich kritisch.

Wie Putin als Präsident provozierte
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Foto: AFP

Bei der fünften Parlamentswahl seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 sind landesweit fast 450.000 Polizisten im Einsatz, um in den rund 95.000 Wahllokalen den Urnengang zu überwachen. Nur rund 260 Beobachter aus dem Ausland werden die Wahl verfolgen und versuchen einzuschätzen, ob sie nach demokratischen Regeln abläuft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauert, dass Bürgerrechtler bei den Duma-Wahlen in Russland behindert wurden und keine OSZE-Beobachter einreisen konnten. Mit der russischen Führung sollte das Gespräch beständig gesucht und darauf hingewiesen werden, Menschenrechtspolitik zu betreiben und freie unterschiedliche Parteien zuzulassen, sagte Merkel am Sonntag im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. "Wir werden hier sicherlich noch eine Menge argumentieren müssen", fügte sie hinzu.

Nach jüngsten Umfragen könnte die Partei von Präsident Wladimir Putin bis zu 80 Prozent der Stimmen erhalten. Wahlberechtigt sind 107 Millionen Bürger über elf Zeitzonen hinweg.

Die Wahl in Russland ist die erste seit Einführung eines neuen Wahlgesetzes. Danach gilt ein reines Verhältniswahlrecht, bei dem allein die Stimmenanteile für die verschiedenen Parteien und Listen über die Vertretung in der Staatsduma entscheiden. Die Schwelle für den Einzug ins Parlament wurde von fünf auf sieben Prozent angehoben, so dass kleine Parteien und parteilose Kandidaten keine Chance mehr haben. Daher muss auch die Kommunistische Partei um ihren Einzug in die Staatsduma bangen.

Die Oppositionsparteien haben im Wahlkampf über massive Einschränkungen geklagt. Sie warfen den Behörden vor, ihre Broschüren beschlagnahmt und die Anmietung von Räumen für Kundgebungen verhindert zu haben. Der Oppositionspolitiker und ehemalige Schachweltmeister Garry Kasparow bezeichnete die Wahl als Farce. Kasparow wurde erst am Donnerstag aus der Haft entlassen, nachdem er an einer von der Polizei gewaltsam aufgelösten Demonstration teilgenommen hatte.

Die Abstimmung vom Sonntag "erfüllt kein einziges Kriterium für eine freie, faire und demokratische Wahl", schrieb der ehemalige Putin-Berater Andrej Illarionow in einem Kommentar für das Kato-Institut. Daher könne streng genommen gar nicht von einer Wahl gesprochen werden.

OSZE verzichtete aus Protest auf Wahlbeobachtung

Ein hoher Stimmenanteil für das Einige Russland könnte Putin den Weg ebnen, um auch nach dem Ende seiner Amtszeit im nächsten Jahr die Geschicke des Landes weiter zu gestalten. Die Verfassung hindert Putin daran, bei der Präsidentenwahl im März 2008 für eine dritte Amtszeit in Folge zu kandidieren. Er hat aber bereits angedeutet, dass er jetzt Ministerpräsident werden könnte.

Die Abstimmung, die am Abend ganz im Westen in Kaliningrad (Königsberg) endet, wird von etwa 300 Beobachtern internationaler Organisationen überwacht. Nicht vertreten ist hingegen die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die nach Beschwerden über Einschränkungen ihrer Arbeit auf eine eigene Beobachtermission verzichtet hat.

(ap)
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