Ukraine wehrt sich gegen Deutschland "Methoden wie im Kalten Krieg"

Kiew · Angesichts von Forderungen nach einem Boykott der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine hat die Regierung in Kiew Deutschland vor Methoden "wie im Kalten Krieg" gewarnt. Unterdessen haben auch der tschechische Präsident Václav Klaus und sein slowenischer Amtskollege Danilo Türk Reisen in die Ukraine abgesagt.

Julia Timoschenko und ihre Verletzungen
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Außenamtssprecher Oleg Woloschin sagte der Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine am Montag, die ukrainische Regierung hoffe, dass deutsche Politiker nicht beabsichtigten, "Methoden wie im Kalten Krieg wieder aufleben zu lassen und den Sport zu einer Geisel der Politik zu machen".

Die Ukraine hoffe vielmehr, dass Medienberichte über einen möglichen EM-Boykott durch die Bundesregierung "falsch" seien.

Der "Spiegel" hatte am Sonntag berichtet, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwäge einen Boykott der EM in der Ukraine durch das Bundeskabinett.

Wegen des Umgangs der ukrainischen Regierung mit der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko will Merkel ihren Ministern demnach empfehlen, den Spielen in der Ukraine fernzubleiben. Bundespräsident Joachim Gauck sagte bereits zuvor eine für Mai geplante Reise in die Ukraine ab.

Timoschenko, die an Bandscheibenproblemen leidet, verbüßt in einem Gefängnis im Osten der Ukraine eine siebenjährige Haftstrafe wegen Amtsmissbrauchs. Die EU kritisiert die Inhaftierung der Ex-Regierungschefin als politisch motiviert.

Timoschenko protestiert mit einem Hungerstreik gegen ihre Haftbedingungen und wirft den Behörden Misshandlung vor. Die EM beginnt in knapp sechs Wochen. In der Ukraine sind 16 Partien geplant, darunter das Endspiel am 1. Juli in Kiew.

Unterdessen hat die Generalstaatsanwaltschaft angekündigt, sie wolle herausfinden, ob die blauen Flecken, die Julia Timoschenko während einer gewaltsamen Verlegung in ein Krankenhaus erlitten hat, tatsächlich durch das Gefängnispersonal entstanden sind.

"Wir werden in den nächsten Tagen sorgfältige Untersuchungen durchführen und dann ein Ergebnis veröffentlichen", sagte Vadim Goran, Chef der Abteilung zur Einhaltung der Gesetze bei der Generalstaatsanwaltschaft in einem Fernseh-Interview. Dazu wolle man Gefängniswärter, Krankenhauspersonal, Ärzte und andere Beteiligte befragen.

Die Fotos, die die Menschenrechtsbeauftragte der ukrainischen Regierung, Nina Karpatschowa, von Timoschenkos Körper gemacht hat, seien "keine offiziellen Beweisstücke, die von den ukrainischen Justizbehörden anerkannt werden", sagte Goran.

Weitere Absagen

Nach Bundespräsident Joachim Gauck haben auch der tschechische Präsident Václav Klaus und sein slowenischer Amtskollege Danilo Türk ihre Reisen zum geplanten Gipfeltreffen Mitte Mai in der Ukraine abgesagt. Klaus-Sprecher Radim Ochvat sagte am Montag der Nachrichtenagentur dpa, der Hauptgrund für die Absage seien Bedenken angesichts der Inhaftierung der Ex-Regierungschefin und Oppositionsführerin Julia Timoschenko.

Die Beziehungen Tschechiens zur Ukraine sind gespannt, seit Prag Timoschenkos Ehemann Alexander Timoschenko im Januar Asyl gewährte.
Ein Jahr zuvor hatte der EU-Mitgliedsstaat bereits den ukrainischen Ex-Wirtschaftsminister Bogdan Danilischin aufgenommen.

Auch Sloweniens Staatspräsident Türk wird nicht zu dem Treffen mit anderen europäischen Staatschefs in Jalta reisen. Als Grund gab eine Sprecherin allerdings nicht den Fall Timoschenko an. Türk habe "andere Verpflichtungen", sagte sie.

Dagegen plant der slowakische Präsident Ivan Gasparovic "zumindest vorläufig" keine Absage. "Wir sind der Meinung, dass der offene Dialog, in dem auch Vorbehalte unverblümt ausgesprochen werden können, der richtige Umgang mit solchen Themen ist. Deshalb sagen wir die Reise vorläufig nicht ab", sagte sein Sprecher Marek Trubac.

(AFP)
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