US-Vizepräsident Mike Pence E-Mails aus dem Glashaus

Washington · Hillary Clinton wickelte dienstliche Post über einen privaten Server ab - ein gefundenes Fressen für die Republikaner im Wahlkampf. Auch für Mike Pence. Nun hat der heutige Vizepräsident mit seiner eigenen E-Mail-Affäre zu kämpfen.

 Bitte lächeln: Mike Pence, damals noch Gouverneur von Indiana, macht im August 2016 ein Selfie mit Wählern in Cincinnati, Ohio.

Bitte lächeln: Mike Pence, damals noch Gouverneur von Indiana, macht im August 2016 ein Selfie mit Wählern in Cincinnati, Ohio.

Foto: AP

Im Wahlkampf konnte sich Mike Pence noch wortstark erregen über die Benutzung privater E-Mail-Server für dienstliche Post. Als es darum ging, Hillary Clinton als zwielichtige Gestalt zu porträtieren, die eigentlich hinter Gitter gehöre, hat er kräftig mitgezeichnet an der Karikatur. Im September wetterte er in einer Sonntagstalkshow, seit Richard Nixon, dem über den Watergate-Skandal gestolperten Präsidenten, sei Clinton die unehrlichste Kandidatin, die sich je fürs Weiße Haus beworben habe. Die Außenministerin, die digital mit Hilfe eines in ihrer Privatvilla eingerichteten Servers korrespondierte, schob Pence hinterher, hätte doch wissen müssen, dass sie vertrauliche Informationen in einer Weise handhabte, die Hackern Tür und Tor öffnete. Durch ihre Fahrlässigkeit hätten auch "Feinde dieses Landes" leicht Geheimes aus amerikanischen Regierungsämtern erfahren können.

Was man damals noch nicht wusste: Auch Pence hat sich eines privaten Servers bedient, um dienstlich zu korrespondieren. Mehr noch, sein E-Mail-Konto beim Internetanbieter AOL wurde tatsächlich gehackt, was man im Falle Hillary Clintons bis heute nicht sagen kann. Donald Trumps aktueller Stellvertreter, damals noch Gouverneur des Bundesstaats Indiana, fiel auf eine sogenannte Phishing-Attacke herein, auf die ziemlich simple Masche dreister Betrüger.

Digitale Kontaktliste für Hacker

Im Frühsommer des Jahres 2016, so berichtet es die Lokalzeitung "Indianapolis Star", erhielten sämtliche in seinem Adressbuch verzeichneten Empfänger die Nachricht, Mike Pence und dessen Frau seien auf dem Weg zu einem Hotel auf den Philippinen überfallen und sämtlicher Wertsachen beraubt worden. Ohne Bargeld, ohne Kreditkarten, ohne Handys bräuchten sie dringend Hilfe, weshalb man ihnen mit Eilüberweisungen helfen möge. Offensichtlich hatten sich Hacker die digitale Kontaktliste des Gouverneurs angeeignet.

Ja, er habe seinerzeit sowohl eine dienstliche als auch eine private E-Mail-Adresse besessen, lässt der Bedrängte einen Sprecher einräumen. Doch lasse sich der Fall Pence schon deshalb nicht mit der Causa Clinton vergleichen, weil ein Gouverneur nicht einmal annähernd über die Fülle geheimer Informationen verfüge, wie sie eine Außenministerin zu lesen bekomme.

Im "Indianapolis Star" liest sich das etwas anders, dort ist von elektronischen Kurzbriefen durchaus brisanten Inhalts die Rede. Einmal ging es um die Sicherung der Zufahrt zur Residenz, ein anderes Mal um syrische Flüchtlinge: Pence wollte ihre Aufnahme in Indiana blockieren, weshalb er einen langwierigen Rechtsstreit zu führen hatte. Dann wieder informierte ihn ein Adlatus, dass die Bundespolizei FBI Angaben zu festgenommenen Sympathisanten des Islamischen Staats in wichtigen Details geändert habe.

Genaue Zahlen sind unbekannt

Es war also keineswegs so, zitiert das Blatt einen Computerexperten, dass Pence nur Geburtstagsgrüße an Enkelkinder verschickte. 29 Seiten mit ausgedruckten E-Mails hat sein Nachfolger im Amt bislang freigegeben. Andere bleiben vorläufig unter Verschluss. Wie viele genau, ist unbekannt. Deren Inhalt, heißt es zur Begründung, sei vertraulich. Allerdings gebe es in Indiana keine Gesetze, die Amtsträgern die Nutzung privater E-Mail-Accounts verböten, berichtete das Blatt.

Pence war von 2012 bis Anfang Januar Gouverneur von Indiana; von 2001 bis 2013 saß er im Repräsentantenhaus. In Trumps Team verkörpert er sozusagen den Gegenentwurf zum Präsidenten. Der Vizepräsident hat die politische Erfahrung, die Trump fehlt. Pence wirkt volksnah, präsentiert sich gern als Stimme der kleinen Leute. Für die Präsidentschaftsrennen 2012 und 2016 dachte er selbst an eine Kandidatur. Der 57-Jährige beschreibt sich als "Christ, Konservativer und Republikaner - in dieser Reihenfolge".

(RP)
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