Krise in der Ost-Ukraine Milizen sollen US-Journalist gefangen halten

Washington · Während die USA 600 Soldaten in osteuropäische Länder verlegen, ist ein amerikanischer Journalist laut Medienberichten in der ostukrainischen Stadt Slawjansk von bewaffneten prorussischen Kräften gefangen genommen worden.

Ukraine: Maskierte Männer posieren mit Kindern
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Das US-Magazin "Vice" erklärte am Dienstag, mit dem Außenministerium in Washington in Kontakt zu stehen, "um die Sicherheit und Schutz für unseren Freund und Kollegen Simon Ostrovsky zu gewährleisten".

Zuvor hatte der selbst ernannte Bürgermeister von Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarjow, nach einem Bericht der russischen Gazeta.ru in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass der Reporter und Filmemacher in den Händen der Separatisten sei. Die OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit, Dunja Mijatovic, forderte in einer Mitteilung die sofortige Freilassung Ostrovskys.

Die Sprecherin des US-Außenamtes, Jen Psaki, wollte sich nicht direkt zu den Medienberichten über die Entführung äußern. "Offensichtlich gab es leider eine Reihe von Journalisten, die in den vergangenen Tagen gefangen oder als Geisel genommen wurden. Wir verurteilen Geiselnahmen selbstverständlich", sagte sie.

Washington ermahnt Moskau

Derweil hat US-Außenminister John Kerry von Russland mehr Anstrengungen zur Beruhigung der Lage in der Ukraine angemahnt. Wie das US-Außenamt am Dienstag mitteilte, zeigte sich Kerry in einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow "zutiefst besorgt über den Mangel an positiven russischen Schritten zur Deeskalation" im Osten des Landes.

Moskautreue Separatisten halten nach wie vor in mehreren Orten der Region Verwaltungsgebäude besetzt. Sie fordern einen föderalen Staat mit weitgehenden Autonomierechten für das russisch geprägte Gebiet. Die vom Westen unterstützte Regierung in Kiew geht davon aus, dass die Separatisten massiv von Russland unterstützt werden.

Laut US-Außenministerium verwies Kerry in dem Gespräch mit Lawrow auf zunehmende Beweise, dass die Separatisten immer mehr Gebäude besetzten und Journalisten sowie andere Zivilisten gefangen nähmen. Moskau müsse seine "eskalierende Rhetorik" dämpfen, diplomatisch mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit und der ukrainischen Regierung zusammenarbeiten sowie die Besetzer öffentlich zur Aufgabe aufrufen, forderte er demnach. Sollten diese Punkte aus dem vereinbarten Friedensfahrplan nicht eingehalten werden, käme es zu verschärften Sanktionen. Russland fordert, dass auch ultranationalistische und regierungsnahe Gruppen die Waffen abgeben.

600 US-Soldaten auf dem Weg nach Polen und ins Baltikum

Unterdessen wollen die USA angesichts der Spannungen in der Ukraine rund 600 Soldaten zu militärischen Manövern nach Polen und in die drei baltischen Staaten entsenden. Zum Zwecke einer "anhaltenden Rotationspräsenz" schicke die USA in jedes der vier Länder jeweils eine Gruppe von 150 Soldaten, erklärte das US-Verteidigungsministerium am Dienstag. Die Entsendung der Truppen sende ein deutliches Signal an die Verbündeten, erklärte Konteradmiral John Kirby. "Wir nehmen unsere Verpflichtungen in Europa sehr, sehr ernst." Die Manöver sollen bis zum Ende dieses Jahres dauern und Kirby ließ offen, ob sich der Einsatz auch ins kommende Jahr erstrecken könnte.

Derweil bleibt auch die OSZE skeptisch: Die Situation im Osten der Ukraine ist nach Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa weiter äußerst angespannt. Auch mehrere Tage nach dem Abkommen von Genf gebe es keine Entspannung, sagte der deutsche OSZE-Beobachter Mirco Günther der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Bisher können wir inoffizielle Informationen, wonach Protestierende in den vergangenen 48 Stunden eine Reihe von administrativen Gebäuden in der Region Donezk verlassen hätten, nicht bestätigen."

Auch sei die Akzeptanz der Genfer Ergebnisse teilweise begrenzt, sagte der stellvertretende Leiter des OSZE-Büros in der ostukrainischen Großstadt Charkiw weiter. "Es ist zumindest denkbar, dass es Gruppen gibt, die sich weder durch Kiew noch durch Moskau repräsentiert fühlen." Die OSZE sei auch mit skeptischen Gruppen im Gespräch und versuche, das Misstrauen abzubauen. Die Situation sei aber äußerst komplex, konstatierte Günther. "Die politischen Trennlinien verlaufen nicht zwingend entlang von Sprachzugehörigkeit."

US-Außenminister John Kerry, sein russischer Kollege Sergej Lawrow, der amtierende ukrainische Außenminister Andrej Deschtschyzja und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatten in der vergangenen Woche in Genf ein Abkommen ausgehandelt, das die "Entwaffnung illegaler bewaffneter Gruppen" in der Ukraine sowie die Räumung besetzter Gebäude vorsieht. Neue Gewalt in der Ukraine hatte am Osterwochenende die Hoffnung auf eine schnelle Lösung des Konflikts aber zunichte gemacht. Der ukrainische Staatschef Turtschinow kündigte am Dienstag die Wiederaufnahme des über Ostern ausgesetzten "Anti-Terror-Einsatzes" im Osten des Landes an.

(dpa/REU)
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