Kampf gegen Smog Minister Remmel trägt NRW-Technik nach China

Peking · NRW-Umweltminister Remmel wittert eine große Chance. China hat den Krieg gegen den Smog ausgerufen. Die Umweltbranche in NRW wittert große Chancen. Aber die Hürden sind immens. Minister Remmel will ihnen mit einer Chinareise Türen öffnen.

NRW-Umweltminister Remmel in China
5 Bilder

NRW-Umweltminister Remmel in China

5 Bilder

Dicht gedrängt stehen die Besucher an den Ständen auf der Umweltmesse Urban Tec Asia in Peking. Pausenlos rattert eine Hostess die Werbebroschüren der Unternehmen runter. In der Mitte des Trubels steht NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne). Er bleibt vor dem Modell eines Hauses stehen. Lampen blinken in rot, blau und gelb. Sie sollen zeigen, wie ein energieeffizienter Haushalt der Zukunft aussehen könnte. Das ist genau das richtige Thema für Remmel.

"Ich habe in Dortmund einen Supermarkt besucht", sagt der Minister. Während die Hostess die Gruppe weiterlotsen will, bleibt er unbeirrt stehen. Der Supermarkt habe die bei der Kühlung entstandene Wärme benutzt, um zu bestimmten Zeiten das Geschäft zu heizen. "Die haben ihren Energieverbrauch um 60 Prozent senken können", schwärmt Remmel. Darin sieht er ein Exportmodell für China. "Hier gibt es ja Wärme ohne Ende."

Umwelttechnik soll in China zu einem deutschen Exportschlager werden, hofft Remmel. Mit mehr als 30 Vertretern von Unternehmen in seiner Delegation wittert Remmel überall Chancen für Firmen aus Nordrhein-Westfalen. Sein Ministerium preist NRW als einen der größten Standorte der Umweltwirtschaft in Deutschland. 274 000 Beschäftigte und etwa 60 Milliarden Euro Gesamtumsatz zählte die Branche im Jahr 2011. Und China wird ein immer wichtigerer Markt für die Produkte und Dienstleistungen aus NRW.

Aber der Weg nach Fernost stellt gerade kleine und mittelständische Unternehmen vor große Herausforderungen. Michael Langen, geschäftsführender Gesellschafter der Recyclingfirma HTP aus Aachen, sagt: "Nirgendwo ist das Risiko so groß wie in China." Unternehmen brauchten einen langen Atem, bis sie endlich in China aktiv werden könnten. Unzählige Leute müssten zustimmen, bis es grünes Licht für Vorhaben gebe. Aber dann locke in China ein gewaltiger Markt.

Etwa 30 Mitarbeiter zählt sein Unternehmen in Deutschland, sagt Langen. In China habe das Unternehmen mit einem chinesischen Partner ein Joint-Venture gegründet. Dort arbeiteten bereits rund 70 Mitarbeiter. Aber noch sei keine Recyclinganlage gebaut. Das werde wohl noch zwei Jahre dauern, schätzt Langen.

Dann zückt er sein Smartphone. Darauf zeigt er ein Video von der Rede des chinesischen Präsidenten Xi Jinping Ende März in Düsseldorf. "Ich war dabei", sagt er. Das mache großen Eindruck in China. Die Teilnahme an Delegationsreisen sei für ihn ein Türöffner. Dank der Tour mit dem Umweltminister gewinne er in China weiter an Ansehen.

Der Bedarf nach Umwelttechnik ist gewaltig in China. Regierungschef Li Keqiang hatte im März einen Kampf gegen Umweltverschmutzung ausgerufen. Nach dreijähriger Beratung wurde im April erstmals seit 1989 das Umweltschutzgesetz verschärft. Statt einmaliger Strafen dürfen Behörden Unternehmen künftig für jeden Tag Zahlungen aufbrummen, den sie gegen die Umweltvorgaben verstoßen. Das hatte selbst Experten positiv überrascht.

Aber eine große Nachfrage bedeutet nicht zwangläufig, dass deutsche Firmen bessere Chancen haben. "Lokaler Protektionismus und Diskriminierung bei Projektausschreibungen sind ein häufiges Problem", sagt Julian Schwabe, Analyst von China Greentech Initiative.

Die Schranken sind je nach Branche sehr unterschiedlich. Bei Elektroautos oder Zubehör in der Solarenergie werden ausländische Firmen zu Partnerschaften mit chinesischen Firmen gezwungen. Bei der Abwasseraufbereitung gibt es diese Beschränkungen hingegen nicht.
China war schon im Jahr 2010 der zweitwichtigste Abnehmer deutscher Wasser- und Abwassertechnik hinter Russland (56,7 Millionen Euro), wie das Mercator Institut für China-Studien (MERICS) ausgerechnet hat.

Experte Schwabe sieht zudem großes Potenzial in dem schärferen Umweltschutzgesetz. "Durch das neue Gesetz kann es zu einer weiteren Beschleunigung der Märkte für Umwelttechnik kommen", sagt er. Bald könnte es viel mehr Bedarf nach Katalysatoren und Filteranlagen für Kraftwerke geben. Für die Prognose gilt in China aber eine große Einschränkung: "Entscheidend ist wie immer, wie konsequent das Gesetz umgesetzt wird."

(lnw)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort