Erstmals vor dem UN-Tribunal Mladic nennt Vorwürfe "abscheulich"

Den Haag (RPO). Drei Tage nach seiner Überstellung aus Serbien ist der mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic erstmals vor dem UN-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag erschienen. Der 69-Jährige trat mit einem grauen Anzug bekleidet am Freitag vor Richter Alphons Orie.

Mladic: Der "Schlächter" in Anzug und Krawatte
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Mladic hat die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vor dem UN-Tribunal als "abscheulich" bezeichnet. Der 69-Jährige lehnte es bei seiner ersten Anhörung vor dem Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien am Freitag aber ab, auf schuldig oder nicht schuldig zu plädieren. Zu den elf Anklagepunkten muss er nun bis zum nächsten Gerichtstermin am 4. Juli Stellung nehmen.

In einem grauen Anzug mit grauem Hemd und karierter Krawatte erschien Mladic vor dem niederländischen Richter Alphons Orie, der vor drei Jahren auch die erste Anhörung gegen den früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic vor dem Tribunal geleitet hatte. Mladic beschrieb sich während der Anhörung als "einen schwer kranken Mann".

Der 69-Jährige Ex-General ist in insgesamt elf Punkten wegen Völkermordes, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des Bosnien-Kriegs von 1992 bis 1995 angeklagt. Er wird vor allem für das Massaker von Srebrenica mit 8000 Toten und die 44 Monate dauernde Belagerung Sarajevos verantwortlich gemacht.

"Ich möchte diese abscheulichen Vorwürfe gegen mich lesen", forderte Mladic. "Ich will sie mit meinen Anwälten studieren." Er kündigte an, sich auch beim nächsten Termin nicht zu der Schuldfrage äußern zu wollen. "Ich brauche mehr als einen Monat für diese monströsen Worte, die ich noch niemals gehört habe", sagte Mladic. Er habe als General sein "Volk und Land verteidigt". Bezieht Mladic zu den Vorwürfen bis zum 4. Juli nicht Stellung, wertet das Gericht dies als Plädieren auf nicht schuldig.

Mladic war nach 16 Jahren auf der Flucht vergangene Woche in Serbien gefasst und wenige Tage später an das Tribunal überstellt worden. Zuvor hatten ihm serbische Gesundheitsexperten Verhandlungsfähigkeit bescheinigt. In den vergangenen Jahren hatte Mladic seinem Anwalt Milos Saljic zufolge aber mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Demnach wurde er 2009 wegen Lymphdrüsenkrebs behandelt. Zudem soll er in der Vergangenheit drei Hirnschläge und zwei Herzinfarkte erlitten haben.

Die erste Anhörung in Den Haag wurde von einem großen Medieninteresse begleitet. Bereits am Donnerstag hatten Journalisten aus aller Welt Stellung vor dem Gericht bezogen. Um zudem einen Andrang von Besuchern zu bewältigen, mietete das Gericht einen Raum in einem benachbarten Kongresszentrum und stellte dort Videoleinwände für eine Übertragung der Anhörung auf.

(apd/felt)
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