Erschossener Dissident Zwei Festnahmen im Mordfall Boris Nemzow

Moskau · Russland steht nach dem Attentat auf den Kreml-Kritiker Boris Nemzow unter erheblichem Druck. Der Westen fordert eine gründliche Aufklärung. Nun präsentieren die Ermittler Verdächtige.

Boris Nemzow: Moskau gedenkt bei Trauermarsch Boris Nemzow
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Trauermarsch: Moskau gedenkt Boris Nemzow

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Foto: dpa, of pt tmk

Eine Woche nach dem Attentat auf den russischen Dissidenten Boris Nemzow sind zwei Verdächtige festgenommen worden. Sie stammten aus der russischen Unruheregion Nordkaukasus, sagte der Chef des russischen Inlandsgeheimdienstes, Alexander Bortnikow, am Samstag. Sie seien "verdächtig, dieses Verbrechen verübt zu haben". Ob einer von ihnen der eigentliche Todesschütze ist, blieb aber offen. Die Ermittler der russischen Polizei sind sich nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa sicher, dass es sich bei den Tätern um zwei Personen aus dem Nordkaukasus handelt.

Nemzow war in der Nacht zum 28. Februar in unmittelbarer Nähe des Kreml in Moskau von einem Unbekannten erschossen worden. Der 55-jährige Oppositionelle war mit einer ukrainischen Begleiterin auf einer Brücke unterwegs gewesen. Der Attentäter floh mit einem Auto.Der Fall hatte weltweit für Aufsehen und Entsetzen gesorgt. Unter anderem die Bundesregierung hatte rasche Aufklärung gefordert.

Die russische Opposition brachte das Attentat in Verbindung mit Nemzows kritischer Haltung gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nemzow war in den 1990er Jahren einmal stellvertretender Regierungschef gewesen, hatte sich danach aber als Gegner Putins profiliert. Zuletzt hatte er auch das russische Vorgehen in der Ukraine scharf verurteilt.

Nemzows Mitstreiter Ilja Jaschin sagte nach der Mitteilung über die Festnahmen laut Agentur Interfax: "Wir hoffen, dass die Festgenommenen wirklich die sind, die mit dem Mord etwas zu tun haben, dass dies kein Fehler ist."

Nach früheren politischen Morden, etwa an der Journalistin Anna Politkowskaja 2006, hatten Kritiker moniert, dass die Hintermänner nie identifiziert oder verfolgt wurden. In diesem Fall hatten die russischen Behörden einen Mann aus Tschetschenien als Täter benannt.
Auch diese Region liegt im Nordkaukasus. Islamisten kämpfen dort um Unabhängigkeit.

Den Mord an Nemzow hatte Präsident Putin selbst als Provokation bezeichnet. Ermittler gingen unter anderem dem Verdacht nach, ob mit dem Attentat politische Unruhe gestiftet oder dem Ansehen Putins geschadet werden sollte. Untersucht wurde zudem, ob "persönliche Feindschaft" ein Motiv sei. Auch eine Verbindung zum Ukraine-Konflikt oder zu islamistischem Extremismus werde abgeklopft, hieß es am vergangenen Wochenende.

Nemzows ukrainische Begleiterin hatte in Interviews gesagt, sie könne keine Angaben zum Schützen machen. Sie kehrte diese Woche zurück in ihre Heimat. Die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti zitierte am Samstag ihren Anwalt Wadim Prochorow mit den Worten, sie sei nach den Festnahmen noch nicht als Zeugin zurück nach Russland beordert worden.

(AP)
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