Ägypten nach Mubarak "Mubaraks Pudel" soll Wandel möglich machen

Kairo (RPO). Am Tag nach der Flucht von Ägyptens Präsident Husni Mubarak hat die Armee erklärt, wie es weitergehen soll. Die bestehende Regierung soll vorerst die Geschäfte weiterführen. Das Land werde sich an alle internationalen Verträge halten. Die Welt blickt nun auf Armeechef Hussein Tantawi, der das Land durch den schwierigen Wandel führen soll. Als Reformer gilt Tantawi nicht gerade.

Ägypten: Chronologie eines Umsturzes
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Foto: AP

Er war bekannt als "Mubaraks Pudel", doch nach dem Rücktritt von Ägyptens Staatschef ist Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi der neue starke Mann im Land. Der Marschall leitet den mächtigen Militärrat, der nach Husni Mubaraks Sturz bis auf Weiteres die Macht in Ägypten ausübt.

Der 75-Jährige war ein enger Vertrauter des gestürzten Präsidenten und ist nicht gerade als aufgeschlossener Modernisierer bekannt. Allerdings hat die mächtige Armee versprochen, freie und faire Präsidentschaftswahlen zu garantieren und den Willen des Volkes zu achten. Zur Auflösung des Parlaments, wie von den Menschen gefordert, soll es vorerst aber nicht kommen. Die amtierende Regierung soll die Geschäfte vorerst weiterführen.

Tantawi ist seit 20 Jahren ägyptischer Verteidigungsminister. Als Heeresoffizier stand er schon während der Suez-Krise 1956, während des Sechs-Tage-Krieges 1967 sowie im Jom-Kippur-Krieg im Jahr 1973 in den Reihen des Militärs. Als Vorsitzender des Militärrats, dem die Spitzen der Armee angehören, lenkt er nun vorläufig die Geschicke des Landes.

In einer von Wikileaks veröffentlichten US-Diplomatendepesche von 2008 wird der asketisch wirkenden Tantawi als "charmant und taktvoll", aber auch als "alt und dem Wandel abgeneigt" beschrieben. "Mubarak und er konzentrieren sich auf die Stabilität des Regimes und den Erhalt des Status quo bis zum Ende ihrer Tage", heißt es in dem Dokument.

Tantawi habe wie der damalige Präsident "einfach nicht die Energie, die Neigung oder die Weltsicht, um die Dinge anders zu machen". In den Reihen der Armee wurde Tantawi wegen seiner Treue zum Präsidenten laut Medienberichten auch "Mubaraks Pudel" genannt.

Die zahlreichen Regierungskritiker, die mit ihren Massenprotesten Mubaraks Abgang erreichten, dürften aber auch Tantawi zwingen, sich mit ihrem Wunsch nach einem Wandel auseinanderzusetzen. Außerdem scheinen weite Teile der Armee, der knapp 470.000 aktive Soldaten und 480.000 Reservisten angehören, hinter den Forderungen des Volkes zu stehen.

Während der Proteste hatte sie sich zwischen prügelnde Mubarak-Anhänger und Regierungskritiker gestellt und die Forderungen der oppositionellen Demonstranten als "legitim" bezeichnet. Am Tag von Mubaraks Abgang erklärte Tantawi, die Armee werde den "Willen des Volkes" achten.

Tantawi dabei auf die Finger schauen und den zugesagten Wandel einfordern, könnten auch die USA, die die ägyptische Armee seit Jahrzehnten massiv unterstützen. Washington greift dem Militär am Nil derzeit mit 1,3 Milliarden Dollar (950 Millionen Euro) pro Jahr unter die Arme.

Bei seiner neuen Aufgabe kann Tantawi von dem großen Ansehen der Armee im Volk profitieren. Als er am Freitag nach Mubaraks Rücktritt in der Nähe des Präsidentenpalastes an einer feiernden Menschenmenge vorbeifuhr, wurde er freudig begrüßt. Nun muss sich zeigen, ob Tantawi den Hoffnungen des Volkes gerecht wird und sich auf seine alten Tage doch noch auf tiefgreifende Veränderungen einlässt.

(RTR/csi)
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