Druck auf Russland nach MH17-Absturz nimmt zu Moskau wirft Westen Stimmungsmache vor

Grabowe · Nach dem mutmaßlichen Abschuss eines malaysischen Passagierflugzeugs über dem umkämpften Osten der Ukraine erhöht der Westen den Druck auf Russland immer weiter. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte sagte, er habe mit Russlands Staatschef Wladimir Putin ein "sehr intensives Gespräch" über den Absturz der Maschine geführt. Auch viele weitere westliche Staaten verschärften den Ton. Moskau warf dem Westen indes Stimmungsmache vor.

 Blumen und Plüschtiere als Zeichen der Trauer am Ort des Absturzes.

Blumen und Plüschtiere als Zeichen der Trauer am Ort des Absturzes.

Foto: afp, df/gge

Rutte sagte, er habe Putin deutlich gemacht, dass Moskau "jetzt die Verantwortung gegenüber den Rebellen tragen muss". "Ich habe ihm gesagt, dass er der Welt zeigen muss, dass er helfen will", ergänzte er. Der Regierungschef zeigte sich zudem "schockiert" über Bilder von "schamlosen" prorussischen Separatisten, die an der Absturzstelle Habseligkeiten der Opfer in Händen hielten.

Der niederländische Außenminister Frans Timmermans äußerte sich während eines Treffens mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ebenfalls "schockiert" und "empört" über den Umgang mit den Leichen. Die ukrainische Staatsführung warf den prorussischen Separatisten im Osten des Landes vor, mit Hilfe Russlands "Beweise für dieses internationale Verbrechen zerstören" zu wollen.

Das Passagierflugzeug der Malaysia Airlines war am Donnerstag mit 298 Menschen an Bord im umkämpften Osten der Ukraine abgestürzt. Unter den Toten sind 192 Niederländer; auch vier Deutsche kamen ums Leben. Vieles deutet darauf hin, dass die Boeing 777 mit einer Boden-Luft-Rakete aus von den Separatisten kontrolliertem Gebiet abgeschossen wurde. Kiew macht die Rebellen verantwortlich, diese beschuldigen die ukrainische Armee.

Die Ermittlungen im Absturzgebiet werden von den Separatisten behindert. Ermittler der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beklagten am Samstag erneut, sie würden von bewaffneten Rebellen daran gehindert, sich vor Ort frei zu bewegen. Rebellenführer Alexander Borodaj erklärte, nicht für die Sicherheit der internationalen Experten garantieren zu können.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte lückenlose Aufklärung. Nötig sei eine "unabhängige internationale Untersuchung", sagte er der Zeitung "Bild am Sonntag" aus Berlin. "Die Täter und ihre Hintermänner dürfen nicht davonkommen", fügte er hinzu. Am Samstag forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Putin nach einem Telefonat internationale Ermittlungen.

Später warf Moskau dem Westen allerdings Stimmungsmache vor. "Die Mitteilungen der Vertreter der amerikanischen Regierung sind ein Beweis für eine völlig abwegige Wahrnehmung Washingtons dessen, was in der Ukraine vor sich geht", erklärte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow. Einige Staaten bemühten sich, "ihre Versionen der Katastrophe zu verbreiten" und die Untersuchung zu beeinflussen.

Malaysia Airline: Verzweifelte Angehörige in den Niederlanden
7 Bilder

Malaysia Airline: Verzweifelte Angehörige in den Niederlanden

7 Bilder

US-Außenminister John Kerry kritisierte in einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow die Zustände am Absturzort. Kerry sei "zutiefst besorgt", dass OSZE- und anderen Experten "ein angemessener Zugang" verwehrt werde, wurde nach dem Gespräch mitgeteilt. Kerrys Sprecherin Jen Psaki sprach von einem "Angriff auf all jene, die ihnen liebe Menschen verloren haben, und auf die Würde, die den Opfern gebührt".

In einer gemeinsamen Erklärung teilten Kerry und Lawrow mit, sie wollten ihren Einfluss auf die Konfliktparteien nutzen, um "die Kämpfe zu stoppen" und Verhandlungen voranzutreiben. Die Gefechte in der Ostukraine dauerten am Samstag an. Nach Angaben Kiews brachten die Regierungstruppen die Flughäfen der Rebellenhochburgen Lugansk und Donezk wieder unter ihre Kontrolle.

Der Absturzort der MH17 - ein Ort wie nach der Apokalypse
12 Bilder

Der Absturzort der MH17 - ein Ort wie nach der Apokalypse

12 Bilder

Der britische Premierminister David Cameron schrieb in der Zeitung "Sunday Times", Russland solle "den Moment nutzen" und die Krise beenden. "Wenn dies nicht geschieht, müssen wir entschieden antworten", warnte er mit Blick auf mögliche neue Sanktionen gegen Moskau. Polens Außenminister Radoslaw Sikorski warf der Europäischen Union in der Zeitung "Welt am Sonntag" aus Berlin zu große Zurückhaltung gegenüber Russland vor.

(DEU)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort