Schottland bald unabhängig? Nationalisten in Umfrage erstmals vorn

London · Paukenschlag in Schottland: Eineinhalb Wochen vor dem Referendum über eine Loslösung von Großbritannien haben die Befürworter der Unabhängigkeit erstmals in einer Umfrage vorn gelegen. Der Vorsprung bereitet Sorge in London: Es ist die Rede von neuen Zugeständnissen.

Ein Souvernir-Geschäft in der schottischen Stadt Edinburgh.

Ein Souvernir-Geschäft in der schottischen Stadt Edinburgh.

Foto: ap

In der Untersuchung des Instituts YouGov für die Zeitung "Sunday Times" sprachen sich 51 Prozent der befragten schottischen Stimmberechtigten für die Abspaltung von Großbritannien aus, 49 Prozent waren dagegen. Die unentschiedenen Stimmen wurden nicht mitberechnet.

war blieben in einer ebenfalls am Sonntag veröffentlichten Umfrage die Gegner knapp in Führung, doch ist der Ausgang des Referendums so offen wie nie. Allgemein wird deshalb damit gerechnet, dass London den Schotten Zugeständnisse in letzter Minute macht.

Obwohl sich der Vorsprung von zwei Prozentpunkten noch innerhalb der statistischen Fehlermarge bewegte, sorgte die Umfrage für Riesenjubel bei den Verfechtern der Unabhängigkeit. Diese sehen einen Aufwärtstrend ihrer Bewegung verfestigt, der sich seit einigen Wochen abzeichnete. Allerdings sah eine zweite - von den Unabhängigkeitsbefürwortern in Auftrag gegebene - Umfrage die Anhänger eines Verbleibs Schottlands in Großbritannien bei 52 Prozent und die Gegner bei 48 Prozent. Vor einem Monat lag das Lager der Unionisten noch 22 Prozentpunkte in Führung.

Die Volksabstimmung über Schottlands Unabhängigkeit findet am 18. September statt. Die britische Regierung warnt unter anderem davor, dass Schottland im Fall einer Loslösung das Pfund nicht behalten könne. Dies hätte wohl tiefgreifende Auswirkungen auf die schottische Wirtschaft. Die Befürworter der Unabhängigkeit sind für die Beibehaltung der britischen Währung. Eine weiterer wichtiger Streitpunkt in der Debatte ist die Frage, ob Schottland als eigenständiger Staat automatisch Mitglied der Europäischen Union bleibt.

Für den britischen Premierminister David Cameron wäre ein Ja der Schotten zu ihrer Unabhängigkeit ein schwerer Schlag. Nach einem Bericht der "Sunday Times" sieht er sich wachsendem Druck ausgesetzt, in dem Fall sein Amt zur Verfügung zu stellen.

Camerons Labour-Vorgänger Gordon Brown, ein Schotte, machte in einem Artikel für den "Sunday Mirror" die Politik der Konservativen für die schrumpfende Unterstützung der Schotten für die Einheit verantwortlich. Diese hielten die regierenden Tories von Cameron für elitär und an den Problemen Schottlands wenig interessiert.

Cameron sollte am Sonntag ins schottische Balmoral reisen, wo sich am Wochenende Königin Elizabeth II. in ihrer Sommerresidenz aufhielt. Nach Informationen der "Sunday Times" sorgt sich die Queen sehr über den Ausgang des Referendums und will täglich über die Stimmung auf dem Laufenden gehalten werden.

Der schottische Regierungschef und Unabhängigkeitsbefürworter Alex Salmond will zwar, dass die Monarchin auch an der Spitze eines unabhängigen Schottlands steht, doch nach Angaben eines Beraters "versteht sich das nicht von selbst": "Die Queen ist eine Unionistin", sagte er der "Sunday Times".

Der "Observer" berichtete unterdessen, dass London noch in den nächsten Tagen neue Zugeständnisse machen könnte, um die Schotten zum Verbleib in Großbritannien zu bewegen. Demnach verständigten sich die großen britischen Parteien nach intensiven Gesprächen darauf, den Schotten eine Umwandlung Großbritanniens in eine Föderation anzubieten.

(DEU)
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