Krisensitzung Nato erklärt sich solidarisch mit der Türkei

Brüssel · Seit vergangener Woche fliegt das Nato-Mitgliedsland Türkei Luftangriffe gegen den Islamischen Staat in Syrien und kurdische Rebellen im Irak. Türkische und US-Beamte diskutieren über die Schaffung einer Sicherheitszone im syrisch-türkischen Grenzgebiet.

 Die Nato-Botschafter haben bei einer Krisensitzung in Brüssel ihre Solidarität mit der Türkei bekräftigt.

Die Nato-Botschafter haben bei einer Krisensitzung in Brüssel ihre Solidarität mit der Türkei bekräftigt.

Foto: dpa, ase

Auf Wunsch der Türkei ist der Nato-Rat am Dienstag zu einer Krisensitzung zusammengekommen. Das Militärbündnis erklärte seine "starke Solidarität" mit dem Land, das um das Treffen gebeten hatte, um die von der Terrormiliz Islamischer Staat ausgehende Bedrohung und seine Reaktion darauf zu untersuchen. Türkische Kampfflugzeuge fliegen seit vergangener Woche in Syrien und im Irak Luftangriffe gegen den IS und kurdische PKK-Rebellen. Mit den USA wird über die Einrichtung einer Sicherheitszone im syrisch-türkischen Grenzgebiet diskutiert, wie Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte.

Diese Zone soll den Angaben zufolge von Extremisten des IS befreit und in ein sicheres Gebiet verwandelt werden, damit syrische Flüchtlinge zurückkehren können. Erdogan sagte zudem in Ankara, es sei unmöglich, einen Friedensprozess mit den Kurden voranzutreiben, während die Angriffe auf sein Land weitergingen.

Bei einem Selbstmordanschlag des IS nahe der türkischen Grenze zu Syrien waren am 20. Juli 32 Menschen getötet worden. Bei einem IS-Angriff auf türkische Truppen war zudem ein Soldat ums Leben gekommen. Am Dienstag wurde bei einem Anschlag an der Grenze zum Irak ein Soldat verwundet, wie die Türkei mitteilte.

In einer Erklärung nach ihrem Treffen in Brüssel erklärten die Vertreter der 28 Mitgliedstaaten der Nato, dass sie "die Terroranschläge gegen die Türkei" scharf verurteilten. "Terrorismus stellt eine direkte Gefahr für die Sicherheit von Nato-Ländern und internationale Stabilität und Wohlstand dar", hieß es. Diese Bedrohung kenne "keine Grenze, Nationalität oder Religion". Die internationale Gemeinschaft müsse gemeinsam gegen die Herausforderung angehen.

Nach Artikel 4 des Nato-Gründungsvertrags können Mitgliedsstaaten um Dringlichkeitskonsultationen bitten, wenn sie eine Gefahr für die eigene "territoriale Integrität, politische Unabhängigkeit oder Sicherheit" sehen. Das Treffen am Dienstag war erst das fünfte dieser Art in der 66-jährigen Geschichte der Nato.

Ankara und Washington wollen den IS aus einem Gebiet in Syrien entlang der Grenze zur Türkei vertreiben. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte, beide Länder wollten keine Bodentruppen in dem Bürgerkriegsland einsetzen. Sie wollten aber, dass die Extremisten vom Islamischen Staat im Grenzgebiet durch gemäßigte Oppositionskräfte ersetzt würden. Diesen werde Luftunterstützung gegeben, sagte Davutoglu dem TV-Sender A Haber.

Der Chef der wichtigsten politischen Oppositionsgruppe Syriens, der Syrischen Nationalkoalition, forderte Nato-Partner auf, die Einrichtung einer Sicherheitszone in Nordsyrien zu unterstützen. Dies würde dafür sorgen, dass Zivilisten vor dem IS und dem willkürlichem Luftbombardement des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad geschützt seien, erklärte Chaled Chodscha. Eine solche Zone wäre ein "bedeutender erster Schritt", sagte er.

Am Samstag hatte die Türkei mit Luftangriffen auf Stützpunkte der PKK im Nordirak begonnen - die ersten seit Beginn des Friedensprozesses mit den Kurden 2012. Ein Sprecher der PKK wertete dies als Aufkündigung des 2013 verkündeten Waffenstillstands zwischen beiden Seiten. Die PKK kämpft seit 1984 für kurdische Autonomie, dem Konflikt sind Zehntausende zum Opfer gefallen.

Die Türkei befürchtet, dass Bodengewinne der Kurden in Syrien und dem Irak die Minderheit ermutigen könnten, einen eigenen unabhängigen Kurdenstaat zu fordern. Zudem beschuldigt die Regierung in Ankara die PKK, ihre Versprechen nicht einzuhalten, bewaffnete Kämpfer aus der Türkei abzuziehen und zu entwaffnen.

(ap)
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