Russland und die Nato 45 riskante Begegnungen in einem Jahr

Die Zahl militärischer Zwischenfälle zwischen russischen und westlichen Streitkräften hat drastisch zugenommen. Mehrfach hätte es Tote oder gar eine militärische Auseinandersetzung geben können, warnt eine Studie. Vor allem am 3. März wäre es südlich von Malmö fast zu einer Katastrophe gekommen.

Nato zeigt angebliche Beweise von russischen Truppen in der Ukraine
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Nato zeigt angebliche Beweise von russischen Truppen in der Ukraine

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Damals wäre dem Bericht zufolge beinahe eine skandinavische Passagiermaschine mit 132 Menschen an Bord mit einem russischen Kampfjet kollidiert. Der Vorfall ereignete sich demnach am 3. März südöstlich der schwedischen Großstadt Malmö.

Beschrieben ist der Zwischenfall in einer am Montag veröffentlichten Studie des Instituts European Leadership Network (ELN ). Und nicht als einziger. Insgesamt ist von 45 Zwischenfällen die Rede. Alle sollen sich in diesem Jahr ereignet haben, alle als Teil der neuen angeheizten Konfrontation zwischen Ost und West. Allein in den vergangenen acht Monaten habe es 40 brenzlige Situationen gegeben, berichtete der Spiegel am Sonntag.

Der Zusammenprall zwischen der Boeing 737 der Scandinavian Airlines und dem russischen Kampfflugzeug 50 Kilometer südöstlich von Malmö habe offenbar "nur wegen der guten Sichtverhältnisse und der Achtsamkeit der Piloten des Passagierflugzeugs verhindert werden können", heißt es in dem ELN-Bericht. Der Abstand zwischen den Flugzeugen habe nur 90 Meter betragen, das russische Flugzeug habe den Luftraum gequert, ohne dass seine Flugdaten vorab an die zivile Luftüberwachung übermittelt worden seien. Die Boeing 737 war demnach auf dem Weg von Kopenhagen nach Rom.

Der ELN-Bericht zieht ausdrücklich Parallelen zum Flug MH17 der Malaysia Airlines vom 17. Juli, bei deren Absturz alle 298 Insassen getötet wurden. Nach den inzwischen vorliegenden Erkenntnissen wurde die Maschine offenbar über dem Osten der Ukraine abgeschossen. Die dort die Macht ausübenden prorussischen Separatisten lehnen die Verantwortung ab - ebenso wie die ukrainische Regierung.

In dem ELN-Bericht geht es um diverse Zwischenfälle mit dem "Risiko einer Eskalation". Dazu rechnen die Verfasser vier Begegnungen zwischen schwedischen beziehungsweise US-Flugzeugen mit russischen Kampfjets sowie das Überfliegen von kanadischen und US-Schiffen durch russische Kampfjets über dem Schwarzen Meer. Angesichts der Krise in der Ukraine, wo weite Gebiete im Osten von prorussischen Separatisten beherrscht werden, wird seit Monaten vor einem neuen Kalten Krieg zwischen dem Westen und Russland gewarnt.

"Hier wird ein gefährliches Spiel mit dem äußersten Risiko gespielt", sagt Ex-Verteidigungsminister und ELN-Mitglied Volker Rühe (CDU) dem Spiegel. "Alle Parteien, besonders Russland, sollten militärische Zurückhaltung üben." Auch die Entführung eines estnischen Geheimdienstlers sowie die Jagd der schwedischen Marine auf ein mutmaßliches russisches U-Boot werden laut "Spiegel" als besonders kritische Ereignisse erwähnt. Weitere elf Vorkommnisse schätze das ELN als ernsthaft ein, weil sie "provozierend" und "aggressiv" gewesen seien.

Die Nato hatte bereits Ende Oktober über mehrere Vorfälle mit russischen Militärflugzeugen berichtet. Binnen 24 Stunden hätten Nato-Flugzeuge vier Gruppen mit russischen Maschinen angefangen. Eine derart hohe Zahl von Einsätzen habe es in den vergangenen Jahren nur selten gegeben. Nach Angaben der Luftwaffe des Nato-Mitgliedes Norwegen flogen russische Flugzeuge von Stützpunkten in der Arktis bis nach Portugal. Sie seien über internationalen Gewässern geblieben, den Grenzen der Mitgliedstaaten aber so nahegekommen, dass Jets losgeschickt worden seien.

(AFP REU)
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