Trumps Kandidat für den Obersten Gerichtshof Neil Gorsuch — konservativer Jurist mit beeindruckender Karriere

Washington · Donald Trump hat sich entschieden: Er will Neil Gorsuch auf dem freien Richterposten am Supreme Court sehen. Gorsuch hat eine erfolgreiche Karriere vorzuweisen, seine fachliche Qualifikation ist schwer anfechtbar. Ein Porträt.

Dass er über eine geschliffene Wortwahl und ein einnehmendes Wesen verfügt, bewies Neil Gorsuch gleich bei seinem ersten großen Auftritt vor der US-Öffentlichkeit. "Ein Richter, der jedes von ihm erreichte Urteil mag, ist sehr wahrscheinlich ein schlechter Richter", bekannte der Kandidat von US-Präsident Donald Trump für das Oberste Gericht zum Primat des Rechts über seine persönliche Meinung. Es war der Beginn einer Charmeoffensive, mit welcher der wertkonservative Jurist den Widerstand der oppositionellen Demokraten gegen seine Nominierung aufweichen will.

Mit der Ernennung des 49-jährigen Bundesberufungsrichters aus dem Rocky-Mountains-Staat Colorado hat der neue US-Präsident zweifellos eine seiner bislang smartesten Entscheidungen getroffen. Nicht nur erfüllt er mit der Ernennung eines ausgewiesenen Konservativen für den mächtigen Supreme Court eines seiner wichtigsten Wahlkampfversprechen.

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Foto: rtr, KL/KC

Gorsuch ist zudem ein intellektuelles Schwergewicht mit beeindruckender Vita — seine fachliche Qualifikation ist schwer anfechtbar. Sein Kandidat zeichne sich durch "herausragende juristische Fähigkeiten" und einen "brillanten Geist" aus und genieße parteiübergreifende Unterstützung, schwärmte Trump.

Vor zehn Jahren an das Berufungsgericht gekommen

Er studierte gleich an drei internationalen Eliteschulen: der Columbia Universität in New York, der Harvard Law School und der britischen Elite-Hochschule Oxford. Seine Referendarszeit verbrachte der Jahrgangskollege Obamas in Cambridge bei zwei Verfassungsrichtern. Einer der beiden, Anthony Kennedy, sitzt mit heute 80 Jahren noch immer auf der Richterbank des Supreme Court. George W. Bush berief Gorsuch im Jahr 2006 zum Bundesrichter in Denver, wo er sich einen Namen machte.

Zwar ist der mit 49 Jahren relativ junge Gorsuch bei einigen der brisantesten Konfliktthemen wie der Abtreibung und dem Waffenrecht ein unbeschriebenes Blatt. Doch in einer seiner strittigsten Entscheidungen hat er Sonderrechte für konservativ-christliche Gruppen unterstützt: Gorsuch urteilte, dass Arbeitgeber wegen ihrer religiöser Überzeugungen nicht für Verhütungsmittel ihrer Beschäftigten aufkommen müssen, wie es die Gesundheitsreform von Trumps Vorgänger Barack Obama vorsieht.

Kenner Gorsuchs sehen den Absolventen der jesuitischen Georgetown Preparation School vor den Toren Washingtons in Einklang mit den katholischen Bischöfen der USA - obwohl er selbst kein Katholik ist.

Ein Bewunderer des verstorbenen Richters Scalia

Der Vater zweier Töchter wuchs in Colorado auf, kennt aber die Hauptstadt schon aus seiner Jugend. Als Teenager zog er nach Washington, wo seine Mutter die Umweltbehörde EPA leitete. Später studierte Gorsuch an der Columbia University in New York, an der Harvard-Universität und im britischen Oxford. Das Innenleben des Supreme Court lernte er früh kennen, als er dort als Richterassistent arbeitete. Es folgten Stationen in einer Anwaltskanzlei und im Justizministerium, bevor er an das Bundesgericht in seinem Heimatstaat berufen wurde.

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Gorsuch ist ein Bewunderer des im Februar 2016 verstorbenen Supreme-Court-Richters Antonin Scalia, auf dessen Stelle er nun nachrücken soll. Der Umstand, dass dieser Posten seit einem Jahr vakant ist, heizt allerdings den Widerstand der Demokraten gegen den designierten Nachfolger an. Nach wie vor ist ihre Empörung darüber groß, dass die Republikaner die Besetzung des Richterpostens durch Obama gezielt bis zum Ende von dessen Amtszeit blockiert hatten.

Insgesamt neun Richter am Supreme Court

Seit dem Tod Scalias im Februar 2016 halten sich jeweils vier konservative und liberale Richter die Waage am Verfassungsgericht. Mit einem weiteren Konservativen auf der Richterbank würden sich die Aussichten bei einigen Themen verbessern — nicht jedoch, wenn es um Abtreibung geht.

So lange der konservative Richter Anthony Kennedy an Bord ist, dürfte er seiner Tradition treu bleiben, sich mit den vier liberalen Kollegen für eine Aufrechterhaltung des grundlegenden Abtreibungsurteils "Roe gegen Wade" von 1973, laut dem Abtreibungen bis zur Lebensfähigkeit des Embryos zulässig sind, einzusetzen. Selbst eine Bestätigung Gorsuchs würde somit wenig ändern.

Der Supreme Court ist das höchste Gericht der USA und damit das mächtigste Organ der amerikanischen Rechtsprechung. Die Grundsatzentscheidungen des obersten Gerichtshofes sind meist von landesweiter Bedeutung und prägen die Auslegung von Gesetzen an unteren Gerichten über viele Jahre. Entsprechend heftig wird um die Besetzung frei gewordener Posten gestritten, wenn einer der auf Lebzeiten ernannten Richter stirbt oder auf eigenen Wunsch in Ruhestand geht.

(das/AFP/KNA/dpa)
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