Krise in Nordkorea China sieht "kritischen Punkt" erreicht

Peking · Nach Nordkoreas neuem Raketentest hat China von allen Seiten eine Rückkehr an den Verhandlungstisch gefordert. Japans Regierungschef Shinzo Abe sprach von einer "beispiellosen und ernsthaften" Bedrohung. US-Präsident Trump brachte erneut eine militärische Antwort ins Spiel.

"Druck, Sanktionen und Drohen" hätten nicht geholfen, die Probleme zu lösen, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking am Dienstag. China sieht einen "kritischen Punkt" im Nordkorea-Konflikt erreicht. Gleichzeitig rief die Regierung alle Parteien dazu auf, "nichts zu unternehmen, wodurch die Spannungen in der Region weiter verschärft" würden. Nur mit einer Rückkehr an den Verhandlungstisch könne die Situation entspannt werden.

US-Präsident Donald Trump reagierte erzürnt: Erst vor wenigen Tagen hat er sich zuversichtlich geäußert, dass sich der Konflikt mit Nordkorea entspannen könne. Der neue Raketentest der nordkoreanischen Regierung erwischte den US-Präsidenten kalt. Er bezeichnete das abgeschottete Land als zunehmende Bedrohung für die Welt und schloss erneut eine militärische Antwort nicht aus. "Alle Optionen liegen auf dem Tisch", erklärte Trump am Dienstag. Nordkorea habe "seine Verachtung für seine Nachbarn, für alle Mitglieder der Vereinten Nationen und für die Mindeststandards für annehmbares Verhalten" auf internationaler Ebene signalisiert.

Bei einem 40-minütigen Telefongespräch mit Japans Ministerpräsidenten Shinzo Abe seien sich beide einig gewesen, dass das Land "eine schwere und zunehmende, direkte Bedrohung für die USA, Japan, Südkorea sowie für Länder auf der ganzen Welt" darstelle. Abe hatte gefordert, den Druck auf Nordkorea zu erhöhen. Der Überflug der Rakete sei ein "ungeheuerlicher Akt", der Frieden und Sicherheit in der Region großen Schaden zufüge, sagte Abe. Japan werde "alle Schritte" unternehmen, um seine Bevölkerung zu schützen. Trump sagte der Regierung in Tokio 100-prozentige Unterstützung zu.

Die EU und die Bundesregierung verurteilten den Test ebenfalls. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sagte, Nordkorea habe auf "brachiale Weise" Resolutionen des Sicherheitsrates und "damit geltendes Völkerrecht verletzt und Sicherheit und Frieden der Menschen in seiner unmittelbaren Nachbarschaft schonungslos aufs Spiel gesetzt" Der japanischen Bevölkerung sagte er "uneingeschränkte Solidarität" zu.

Auch Russland zeigte sich besorgt und forderte von Nordkorea, die Resolutionen des UN-Sicherheitsrats zu respektieren. Diese verbieten Nordkorea den Bau von Atomwaffen und Raketen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow appellierte an Nordkorea, jegliche weitere provokative Aktionen zu unterlassen. Die USA und deren Verbündete sollten ihrerseits eine militärische Eskalation in der Region vermeiden.

Diplomaten zufolge soll der UN-Sicherheitsrat am Dienstagnachmittag in New York auf Antrag Japans und der USA zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.

Nordkoreas UN-Botschafter in Genf, Han Tae Song, verteidigte derweil die Raketentests. Er warf den USA vor, die koreanische Halbinsel auf eine "extrem starke Explosion" zuzutreiben. Daher habe sein Land "jedes Recht, mit harten Gegenmaßnahmen sein Recht auf Selbstverteidigung in Anspruch zu nehmen", sagte er. "Die USA sollten komplett die Verantwortung für die katastrophalen Konsequenzen tragen, die daraus folgen."

Nordkorea hatte am Dienstagmorgen eine Rakete abgeschossen, die Japan überflog und östlich der Insel Hokkaido in den Pazifik stürzte. Auf Hokkaido wurde über die Medien, Handys und Lautsprecher Raketenalarm ausgelöst. Schnellzüge wurden kurzzeitig gestoppt. Das japanische Militär versuchte nicht, die Mittelstreckenrakete abzuschießen.

Der Nordkorea-Konflikt heizt sich seit Monaten auf. Trump hatte Pjöngjang bereits mit "Feuer und Zorn" gedroht, was für internationale Unruhe sorgte. Die chinesische Regierung übernimmt dabei die Rolle des Vermittlers. Sie kritisierte auch die gemeinsamen Militärmanöver der USA und Südkroea, die beide Staaten regelmäßig in der Region abhalten. Durch den anhaltenden militärischen Druck sei ein Teufelskreis entstanden, der durchbrochen werden müsse.

(beaw/wer/dpa/afp/ap/rtr)
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