Sammelte die NSA nicht nur Verbindungsdaten? NSA hörte offenbar Merkel-Telefonate ab

Washington · Der US-Geheimdienst NSA hat einem Bericht der "New York Times" zufolge offenbar auch die Inhalte der Handygespräche von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgespäht.

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Foto: dpa, Julian Stratenschulte

Wie die Zeitung am Dienstag unter Berufung auf US-Regierungskreise schrieb, sammelte die NSA nicht nur Verbindungsdaten, sondern schnitt wahrscheinlich auch Telefonate mit. Unklar war den Angaben zufolge aber, ob Informationen aus Merkels Telefongesprächen in Berichten der Geheimdienste für das Weiße Haus und andere Regierungsstellen in Washington auftauchten.

Die einflussreiche Senatorin Dianne Feinstein hatte am Montag erklärt, das Weiße Haus habe ihr versichert, dass die Überwachung verbündeter Regierungen nicht fortgesetzt werde. Auch die "New York Times" berichtete am Dienstag, dass die Regierung der NSA das Ausspähen von Spitzenpolitikern befreundeter Länder verbieten wolle. Eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Als Reaktion auf die Enthüllungen des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden hatte Präsident Barack Obama eine Überprüfung der Geheimdienstarbeit eingeleitet, die Ende des Jahres abgeschlossen sein soll.

Aktivitäten der NSA soll im Senat untersucht werden

Feinstein kündigte an, die Aktivitäten der NSA auch durch den Senat umfassend untersuchen zu lassen. Die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses der Kongresskammer beklagte, dass die Abgeordneten "nicht zufriedenstellend" über "bestimmte Überwachungsaktivitäten" informiert worden seien. Die Überwachung von Spitzenpolitikern aus verbündeten Staaten lehne sie "vollständig ab".

Das Handy von Merkel soll seit 2002 im Visier der NSA gewesen sein. Der "New York Times" zufolge stellte der Geheimdienst die Überwachung von Merkel und anderen Spitzenpolitikern nach den ersten Snowden-Enthüllungen in diesem Sommer ein. Ob Obama persönlich von diesen Spähaktionen wusste, war weiter unklar. Die "New York Times" berichtete, der Präsident sei nicht informiert gewesen. Auch die NSA hatte dies dementiert.

Die "Los Angeles Times" schrieb am Dienstag dagegen, dass das Weiße Haus und das US-Außenministerium die Bespitzelung gebilligt hätten. Auch die jeweiligen US-Botschafter seien eingeweiht gewesen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Dies bedeute zwar nicht zwangsläufig, dass Obama konkret Bescheid gewusst habe. Zumindest seien aber Vertreter seines Nationalen Sicherheitsrates auf dem Laufenden gewesen.

Die USA stehen wegen der umfangreichen Spähaktivitäten in Europa derzeit erheblich unter Druck. Auch in Spanien soll die NSA laut der Zeitung "El Mundo" Millionen Telefonate überwacht haben. Die Staatsanwaltschaft in Madrid leitete am Dienstag Vorermittlungen ein, um Anhaltspunkte für eine Straftat zu prüfen, wie aus Justizkreisen verlautete.

Am Montag reiste eine Delegation von Europaparlamentariern nach Washington, um auf Aufklärung in der Spionageaffäre zu dringen. Der Vorsitzende des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des EU-Parlaments, Elmar Brok (CDU), übte scharfe Kritik an der NSA-Überwachung. "Hier sind keine Grenzen zwischen Freund und Feind mehr gezogen. Vor allem sind keine Grenzen zwischen Terroristen und den normalen Bürgern gezogen", sagte er der Nachrichtenagentur AFP.

(AFP)
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