Magazinbericht NSA soll Chinas Führung ausspioniert haben

Berlin/Washington/Peking · Kurz vor einem Treffen zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping sind NSA-Spionageoperationen gegen China enthüllt worden. Der US-Geheimdienst NSA forschte nach einem "Spiegel"-Bericht die chinesische Staatsführung sowie chinesische Banken und Telekommunikationsunternehmen aus.

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Foto: dpa, Jens Büttner

Zu den Zielen zählten der ehemalige Staatspräsident Hu Jintao, das Außen- und das Handelsministerium in Peking, der Zoll sowie der Huawei-Konzern, schreibt das Nachrichtenmagazin in seiner neuen Ausgabe. Das gehe aus Unterlagen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden hervor, die man habe einsehen können. Auch die "New York Times" berichtete unter Berufung auf Snowden über die Spionageaktivitäten.

Obama und Xi Jinping wollen am Montag im Vorfeld eines internationalen Gipfels zur atomaren Sicherheit in den Niederlanden zusammenkommen.

Die jüngsten Enthüllungen über eine gezielte Spionage des US-Geheimdienstes NSA gegen China werden laut Professor Cheng Xiaohe die USA schädigen. "Washington verliert seine moralische Überheblichkeit", sagte der außenpolitische Experte von der Pekinger Volksuniversität der Nachrichtenagentur dpa. Bislang hätten die USA über Jahre hinweg China als Hauptverantwortlichen für internationale Spionage und Hackerangriffe dargestellt. Die Enthüllungen brächten jedoch Washington selbst in Erklärungsnot.

Besonderen Aufwand betrieb die NSA dem "Spiegel" zufolge für eine Operation, die 2009 gegen Huawei startete, den zweitgrößten Netzwerkausstatter der Welt. Einer Spezialeinheit sei es gelungen, an rund 100 Stellen das Computernetzwerk von Huawei zu infiltrieren und interne Dokumente zu kopieren. Zudem habe die NSA sich Zugang verschafft zum geheimen Quellcode einzelner Produkte. Dieser Softwarecode gilt als Allerheiligstes von Computerunternehmen.

Der "New York Times" zufolge lief die Huawei-Operation unter dem Codenamen "Shotgiant". Eines der Ziele sei es gewesen, Verbindungen zwischen dem Telekommunikationsriesen und der chinesischen Volksarmee zu finden. Darüber hinaus habe sich die NSA die technologischen Erkenntnisse zunutze machen wollen, um bei Verkäufen von Huawei-Ausrüstung in andere Länder deren Computer- und Telefonnetzwerke ausspähen zu können.

"Viele unserer Ziele kommunizieren über von Huawei produzierte Produkte", zitiert die Zeitung aus den Dokumenten. "Wir wollen sicherstellen, dass wir wissen, wie wir diese Produkte ausnutzen können...um Zugang zu Netzwerken von Interesse" rund um die Welt zu erhalten.

Von Interesse sind Hinweise auf eine Verbindung zwischen Huawei und der Volksbefreiungsarmee vor allem auch, weil dort Hacker arbeiten sollen. Die NSA beobachte mehr als 20 chinesische Hackergruppen, von deren mehr als die Hälfte der chinesischen Armee und der Marine angehört. Die Gruppen hacken sich in Netzwerke von US-Regierungsstellen und Firmen auch aus dem Rüstungssektor ein, schrieb die "New York Times".

Das Vorgehen der NSA ist dem "Spiegel"-Bericht zufolge Teil einer digitalen Offensive der USA gegen China. Diese sei Ausdruck eines zunehmenden Ringens zwischen beiden Staaten um Vorherrschaft im Internet. In der Vergangenheit hatten die USA wiederholt Hackerangriffe und andere Spionageaktivitäten Chinas gebrandmarkt.

Die NSA erklärte in einer Email, der Geheimdienst nutze seine Fähigkeiten nicht, um Betriebsgeheimnisse ausländischer Unternehmen zugunsten von US-Firmen zu stehlen. Die nachrichtendienstliche Aufklärung diene ausschließlich der Sicherheit der USA. Die Enthüllung von NSA-Praktiken schade der Sicherheit der USA und ihrer Alliierten.

(dpa)
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